In einer kleinen Wohnung, irgendwo in Deutschland, zählt eine junge Mutter leise Münzen auf ihrem Küchentisch. Es sind exakt 50 Euro – ihr gesamtes Erspartes. Kein Sparkonto, keine Rücklagen, kein finanzielles Polster für Notfälle. Nur ein paar Eurostücke und Kupfermünzen in einem alten Einmachglas. Und ein zweijähriger Junge, der sie jeden Morgen mit einem Lächeln ansieht, ohne zu ahnen, wie fragil ihre Welt ist.

Leben am Limit

Seit der Geburt ihres Sohnes ist für Nadine (Name geändert) jeder Tag ein Balanceakt. Der Vater des Kindes ist nicht präsent, ihre Familie wohnt weit weg, und staatliche Unterstützung reicht kaum, um die Miete, Windeln, Kinderkleidung und das tägliche Essen zu finanzieren. Trotz allem versucht sie, ihrem Sohn ein Gefühl von Sicherheit zu geben – mit kleinen Ritualen, viel Liebe und der Hoffnung, dass alles irgendwann besser wird.

„Ich will nicht jammern“, sagt sie leise. „Aber wenn man nachts wach liegt und sich fragt, was passiert, wenn die Waschmaschine kaputtgeht – das ist ein Gefühl, das schwer zu beschreiben ist.“

Armut, die man nicht sieht

Nadine ist keine Ausnahme. In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt rund 2,8 Millionen Kinder in Armut oder an der Armutsgrenze. Besonders Alleinerziehende sind betroffen. Und doch sieht man diese Armut selten auf den ersten Blick. Die Wohnungen sind aufgeräumt, die Kinder gut gekleidet. Aber hinter verschlossenen Türen wird gespart, gerechnet, verzichtet.

„Ich lasse oft Mahlzeiten aus oder esse Reste, damit mein Sohn satt wird“, erzählt Nadine. „Luxus ist für mich ein Nachmittag auf dem Spielplatz mit einem belegten Brötchen.“

Das Glas mit den Münzen

Das Einmachglas mit den Münzen ist mehr als nur ein Behälter für Kleingeld. Es ist ihr Notgroschen, ihre Rückversicherung, ihr Plan B – für den Fall, dass das Kind krank wird, der Kühlschrank leer ist oder die Kita eine unerwartete Zahlung verlangt.

Manchmal nimmt sie eine Handvoll heraus, zählt sie durch, steckt sie wieder zurück. „Es ist das Einzige, was ich wirklich ‚habe‘“, sagt sie. „Und es erinnert mich daran, dass ich noch nicht aufgegeben habe.“

Was wirklich zählt

Nadine wünscht sich nicht viel: einen kleinen Nebenjob, der sich mit der Kinderbetreuung vereinbaren lässt. Ein bisschen Sicherheit. Vielleicht irgendwann eine Ausbildung oder Weiterbildung. Doch was sie sich am meisten wünscht, ist, dass ihr Sohn später nie diesen Mangel spüren muss.

„Ich will, dass er einmal sagen kann: ‚Meine Mama hat alles gegeben.‘ Auch wenn es nur 50 Euro in Münzen waren.“

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