Herr Schneider ist ein ruhiger Mann. Ein Mann, der das Wochenende schätzt. Einer, der gern im Garten sitzt, ein Buch liest oder einfach nur dem Zwitschern der Vögel lauscht. Doch seit fast einem Jahr ist es mit der Idylle vorbei. Denn jeden Samstag – pünktlich um 16 Uhr – verwandelt sich der Nachbargarten in eine Grillhochburg.
„Am Anfang dachte ich, das sei nur eine Phase“, sagt Herr Schneider und zieht die Stirn kraus. „Aber nein. Es ist ein Ritual. Ein heiliges, lautes, stinkendes Ritual.“
Der Nachbar, ein begeisterter Hobbygriller, lädt regelmäßig Freunde und Familie ein. Die Geräusche reichen von lautem Lachen über Musik bis hin zu lautstarken Diskussionen über die perfekte Garzeit von Rindersteaks. Und der Geruch – eine ständige Mischung aus Rauch, Marinade und angebranntem Fleisch – zieht zuverlässig über den Zaun direkt in Herrn Schneiders Wohnzimmer.
„Ich habe alles versucht“, sagt er. „Fenster zu, Ohropax, sogar Gegenbesuch bei Verwandten. Aber ich kann ja nicht jedes Wochenende fliehen.“
Was für den einen nach Geselligkeit und Sommervergnügen riecht, ist für den anderen der blanke Nervenzusammenbruch. Besonders frustrierend für Herrn Schneider: Der Grillnachbar ist juristisch auf der sicheren Seite – gelegentliches Grillen ist erlaubt, solange es nicht täglich stattfindet oder bis spät in die Nacht geht.
„Gelegentlich!“, ruft Herr Schneider. „Seit wann bedeutet 'gelegentlich' denn bitte jeden verdammten Samstag?“
Die Situation zeigt, wie unterschiedlich Lebensqualität empfunden wird – und wie schwer es ist, Grenzen in der Nachbarschaft zu ziehen. Denn während Familie Grillmeister ihr Wochenende kaum erwarten kann, sitzt Herr Schneider mit zunehmender Verzweiflung auf seinem Sofa – bei geschlossenem Fenster, Ventilator auf höchster Stufe, und dem stillen Wunsch, der Regen möge bald zurückkehren.
Bis dahin bleibt ihm wohl nur eines: tief durchatmen – wenn möglich – und hoffen, dass irgendwann auch mal das Grillgut ausgeht.
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