Als die 32-jährige Anna L. kürzlich mit ihrem vierjährigen Sohn Tim im Park spazieren ging, erntete sie überraschte Blicke und leise Kommentare von Freunden und Passanten. Der Grund? Tim saß nicht auf einem Laufrad oder rannte herum – er wurde im Kinderwagen geschoben.

Warum ein Kinderwagen für einen Vierjährigen?

Viele Menschen verbinden Kinderwagen mit Babys und Kleinkindern, doch Anna sieht das anders. „Tim ist manchmal schnell müde, besonders nach einem langen Tag im Kindergarten. Dann ist es für uns beide einfacher, wenn er sich ausruhen kann“, erklärt sie. Außerdem sei es praktisch für längere Spaziergänge oder Einkaufstouren.

Doch nicht alle teilen Annas Sichtweise. Ihre Freunde sind verwundert und fragen sich, ob Tim nicht längst zu alt für einen Kinderwagen sei. „Mit vier Jahren sollte ein Kind doch genug Energie haben, um selbst zu laufen“, meint ihre Freundin Julia.

Expertenmeinungen: Entwicklungsfördernd oder hinderlich?

Pädagogen und Kinderärzte raten in der Regel dazu, Kindern ausreichend Bewegungsmöglichkeiten zu geben, damit sie ihre motorischen Fähigkeiten entwickeln. „Natürlich ist es bequemer, ein müdes Kind zu schieben, aber regelmäßige Bewegung ist wichtig für die Muskulatur und Ausdauer eines Kindes“, sagt Dr. Michael Berger, ein Kinderarzt aus München.

Allerdings gibt es auch Situationen, in denen ein Kinderwagen für ältere Kinder gerechtfertigt sein kann. Besonders wenn ein Kind gesundheitliche Einschränkungen hat oder außergewöhnlich lange Strecken zurückgelegt werden müssen, kann es eine sinnvolle Lösung sein.

Ein gesellschaftliches Tabu?

Eltern werden oft für ihre Entscheidungen kritisiert, vor allem wenn sie von der Norm abweichen. Doch Anna bleibt gelassen: „Ich mache das, was für mein Kind am besten ist. Wenn er sich mit vier Jahren noch manchmal ausruhen muss, dann ist das eben so.“

Die Diskussion zeigt, wie stark gesellschaftliche Erwartungen das Erziehungsverhalten beeinflussen. Während manche Eltern darauf achten, dass ihre Kinder möglichst früh selbstständig werden, setzen andere auf individuelle Bedürfnisse. Vielleicht ist die wichtigste Frage nicht, ob Tim im Kinderwagen sitzt, sondern ob er sich in seiner Entwicklung wohlfühlt.

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