Herr Klaus M., 70 Jahre alt, lebt seit über dreißig Jahren in seinem Einfamilienhaus am Stadtrand. Der Garten ist ordentlich, die Hecke akkurat geschnitten, das Vogelhaus selbst gezimmert. Alles ist geregelt – nur eines nicht: das Verhältnis zu seinem Nachbarn. Seit Jahren herrscht zwischen Klaus und dem Mann von nebenan ein ständiger Kleinkrieg. Es geht um Mülltonnen, Rasenlärm, überhängende Äste – und manchmal auch einfach um das Prinzip.
„Der provoziert mich absichtlich“, sagt Klaus mit ernster Miene. „Der stellt seine Tonne immer genau auf meine Grundstücksgrenze. Und mäht Rasen am Sonntag, obwohl es verboten ist.“ Es sind scheinbar banale Dinge, die sich über die Jahre aufgestaut haben – aber für Klaus geht es längst um mehr. „Respekt, Rücksicht – das ist doch nicht zu viel verlangt!“
Der Nachbar, Anfang sechzig, sieht das naturgemäß anders. Auch er fühlt sich im Recht, hat genug von „ständigen Beschwerden“ und „übertriebenem Regelwahn“. Was als kleines Missverständnis begann, ist zu einem festgefahrenen Frontenkrieg geworden, in dem niemand mehr nachgibt. Die Kommunikation läuft fast nur noch über Zettel, Ordnungsamt oder stumme Blicke über den Gartenzaun hinweg.
Für Außenstehende wirkt das Ganze fast absurd, doch der Streit hat reale Folgen: schlechte Stimmung in der Nachbarschaft, vermiedene Gespräche, ein Gefühl ständiger Anspannung. Freunde oder Familie reagieren mit Kopfschütteln oder raten zur Mäßigung – vergeblich.
Dabei, das gibt Klaus selbst zu, war es nicht immer so. „Früher haben wir mal zusammen gegrillt“, sagt er. „Aber irgendwann… hat sich das einfach verändert.“ Vielleicht ist es das Alter, vielleicht Einsamkeit, vielleicht auch der Wunsch, dass wenigstens das eigene kleine Reich so bleibt, wie man es will – sicher, klar, kontrollierbar.
Was bleibt, ist ein Zaun – nicht nur aus Holz, sondern auch aus Prinzipien, Stolz und alten Kränkungen. Und zwei Männer, die Tag für Tag nebeneinander leben, aber Welten voneinander entfernt sind.
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