Jana ist 23 Jahre alt und studiert im dritten Semester Soziologie. Neben dem Studium arbeitet sie seit einigen Monaten als Pizzabotin für einen kleinen Lieferdienst in ihrer Heimatstadt. Der Job ist zwar körperlich anstrengend und manchmal auch nervenaufreibend – aber er hilft ihr, das Studium zu finanzieren und unabhängiger zu leben. Doch was sie an ihrem Job besonders frustriert, ist nicht die Hektik oder die langen Fahrten durch die Stadt, sondern die Tatsache, dass viele Kunden einfach kein Trinkgeld geben.
„Es sind nicht die fünf oder zehn Euro pro Schicht, die ich an Trinkgeld verpasse“, sagt Jana, „es ist das Gefühl, dass viele Leute meinen Einsatz nicht wertschätzen.“
Der Alltag einer Pizzabotin: Ein Balanceakt zwischen Studium und Job
Als Pizzabotin ist Jana fast täglich mit dem Fahrrad oder Roller unterwegs. Sie liefert nicht nur Pizzen aus, sondern muss auch Getränke, Desserts und manchmal sogar Familienmenüs quer durch die Stadt transportieren. Gerade in der Abendschicht kann es hektisch werden, denn in diesen Stunden haben die meisten Kunden Hunger. Da kann es schon mal passieren, dass Jana mehrere Bestellungen gleichzeitig annehmen muss und sie alle rechtzeitig ausliefern möchte – eine Herausforderung, die nicht nur Zeit und Energie, sondern auch gute Planung erfordert.
„Einige Leute denken, dass wir nur ein paar Straßen weiterfahren müssen, aber oft sind es zehn oder mehr Kilometer pro Schicht, bei Wind und Wetter“, berichtet sie. Besonders ärgerlich findet sie es, wenn sie sich durch den Feierabendverkehr kämpft, das Essen heiß hält und dann ohne Trinkgeld zurückbleibt. „Die Leute verstehen oft nicht, wie viel Arbeit hinter einer Bestellung steckt.“
Trinkgeld als Anerkennung für den Einsatz?
Das Thema Trinkgeld polarisiert. Während es in der Gastronomie und bei Lieferdiensten üblich ist, eine kleine Anerkennung für den Service zu geben, verzichten immer mehr Kunden darauf. Manche sehen es als Selbstverständlichkeit, dass der Lieferdienst bereits im Preis inbegriffen ist, und andere sind einfach nicht daran gewöhnt. Für Jana aber ist das Trinkgeld mehr als nur ein zusätzlicher Euro – es ist ein Ausdruck von Wertschätzung.
„Wenn jemand mir ein Trinkgeld gibt, dann fühle ich mich anerkannt. Es zeigt mir, dass der Kunde sieht, dass ich für ihn durch die halbe Stadt gefahren bin, um sein Essen zu bringen“, erklärt sie. Gerade bei kleineren Bestellungen oder kurzen Strecken verzichtet sie oft auf ein Trinkgeld. Doch wenn sie weite Wege zurücklegen muss und dann leer ausgeht, fühlt sie sich nicht nur unterbezahlt, sondern auch wenig respektiert.
Trinkgeld als Anreiz: Warum es einen Unterschied macht
Ein weiteres Problem sieht Jana darin, dass viele Lieferdienste ihren Mitarbeitern keine Fahrtkosten erstatten und auch keinen Zuschuss für ihr eigenes Fahrzeug oder Benzin anbieten. Sie muss die laufenden Kosten für das Fahrrad oder den Roller selbst tragen, was ihre Ausgaben noch erhöht. Das Trinkgeld könnte hier einen kleinen Ausgleich schaffen, doch viele Kunden sehen das nicht so. „Für viele ist das Trinkgeld eine Option, nicht eine Verpflichtung“, sagt sie. „Aber wer den Aufwand kennt, weiß, dass es für uns viel bedeutet.“
Für Jana ist das Trinkgeld eine Art Motivator: Es macht ihr Freude, wenn sie sieht, dass ihre Mühe gewürdigt wird. „Ich gebe mir immer Mühe, freundlich zu sein, pünktlich zu kommen und die Wünsche der Kunden zu beachten. Wenn mir dann jemand ein oder zwei Euro gibt, fühle ich mich bestätigt“, sagt sie lächelnd. Doch wenn sie leer ausgeht, fällt es ihr manchmal schwer, die Motivation zu behalten.
Ein Appell an die Kunden: Die kleinen Dinge zählen
Am Ende des Tages bleibt Jana nichts anderes übrig, als ihre Arbeit zu machen – mit oder ohne Trinkgeld. Sie weiß, dass nicht jeder Kunde sie versteht und dass viele schlichtweg vergessen, ein Trinkgeld zu geben. Doch sie hofft, dass durch mehr Bewusstsein vielleicht doch der ein oder andere Kunde darüber nachdenkt, ein paar Münzen oder einen kleinen Betrag extra zu geben. „Es muss kein großes Trinkgeld sein“, betont sie. „Aber ein kleiner Betrag zeigt mir, dass die Leute meine Arbeit schätzen. Es motiviert und hilft uns, den Job mit mehr Freude zu machen.“
Für Jana ist die Zeit als Pizzabotin eine wertvolle Erfahrung, die sie lehrt, was hinter dem oft unsichtbaren Einsatz von Servicekräften steckt. Sie hofft, dass sich in Zukunft mehr Menschen der kleinen, aber wichtigen Gesten bewusst werden und sie auch in anderen Lebensbereichen umsetzen – egal ob beim Restaurantbesuch, im Café oder bei der nächsten Pizzalieferung. Denn am Ende des Tages zählt auch der kleinste Beitrag, wenn es darum geht, jemandem ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern.
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