Als Sophies Sohn Luca vom Jugendamt aus der Familie genommen wurde, brach für sie eine Welt zusammen. Der Vorwurf der Kindeswohlgefährdung bedeutete, dass Luca in einer Pflegefamilie untergebracht wurde. Die Entscheidung, die vom Jugendamt getroffen wurde, hatte tiefgreifende Konsequenzen – nicht nur für Luca, sondern auch für Sophie, die mit Schuldgefühlen, Scham und einem quälenden Schmerz zurechtkommen musste. Doch aus dieser schweren Zeit ist sie gestärkt hervorgegangen, hat Wege gefunden, mit dem Verlust umzugehen und die Verbindung zu ihrem Sohn zu bewahren.

Die schwerste Entscheidung ihres Lebens

Als Sophie das Schreiben vom Jugendamt erhielt, war sie wie betäubt. Schon seit Monaten war sie unter Beobachtung gestanden, da Nachbarn und Bekannte Hinweise darauf gegeben hatten, dass Luca in der Familie nicht ausreichend geschützt sei. Die genauen Gründe der Entscheidung blieben für Sophie zunächst unklar – ein Gefühl, das sie als „ohnmächtige Verzweiflung“ beschreibt. Rückblickend erkennt sie jedoch, dass sie zu dieser Zeit selbst überfordert war: Alleinerziehend, berufstätig und belastet durch eine toxische Beziehung, hatte sie oft das Gefühl, nicht genug für Luca tun zu können.

„Ich habe versucht, stark zu sein, aber irgendwann bin ich selbst zusammengebrochen. Und das hat sich auch auf Luca ausgewirkt“, gesteht Sophie. Das Jugendamt bewertete die häusliche Situation als instabil und sah das Wohl des Kindes gefährdet. Für Sophie fühlte sich die Entscheidung wie ein Urteil an – gegen sie als Mutter, gegen ihre Liebe zu Luca. Doch anstatt daran zu zerbrechen, entschied sie sich, für ihn und sich selbst einen neuen Weg zu finden.

Mit dem Schmerz leben lernen

Die ersten Wochen ohne Luca waren für Sophie die schwersten. Sein leeres Zimmer, die abendliche Stille und das Fehlen seiner fröhlichen Stimme schnürten ihr die Kehle zu. „Es war, als hätte jemand einen Teil von mir weggerissen“, beschreibt sie. Um mit dem Schmerz umzugehen, suchte sie Hilfe bei einer Therapeutin. Dort lernte sie, ihre Gefühle zuzulassen, sich nicht von Schuldgefühlen auffressen zu lassen und sich selbst nicht mehr nur als „gescheiterte Mutter“ zu sehen.

Ein zentraler Wendepunkt war für Sophie die Erkenntnis, dass sie weiterhin eine Rolle in Lucas Leben spielen konnte – auch wenn er jetzt bei einer Pflegefamilie lebte. „Er ist nicht weg, er ist nur woanders“, sagt sie heute. Mit Unterstützung des Jugendamts konnte Sophie regelmäßige Besuchszeiten vereinbaren. Diese Treffen wurden für sie zu einer festen Säule, an der sie sich festhalten konnte.


Den Kontakt halten und Brücken bauen

Die Besuche mit Luca sind für Sophie eine Mischung aus Freude und Herausforderung. „Ich möchte ihm zeigen, dass er geliebt wird, aber ich will ihn auch nicht mit meinen Gefühlen belasten“, erklärt sie. Die Treffen finden unter Aufsicht statt, was für Sophie zunächst schwierig war. Doch sie versteht, dass es nicht nur um ihre Perspektive geht, sondern vor allem um Lucas Wohl.

Um die Verbindung zu ihrem Sohn zu stärken, hat Sophie auch andere Wege gefunden: Sie schreibt ihm Briefe, malt Bilder und führt ein Tagebuch, in dem sie all die Dinge festhält, die sie ihm irgendwann erzählen möchte. „Ich will, dass er weiß, dass ich immer an ihn denke, auch wenn wir getrennt sind“, sagt sie.

Ein weiterer Schritt war die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Anstatt in Opposition zu gehen, hat Sophie die Chance genutzt, sich weiterzuentwickeln. Sie besuchte Erziehungskurse, nahm an einer Elternberatung teil und lernte, wie sie mit den Herausforderungen als Mutter besser umgehen kann. Diese Bemühungen zeigen Wirkung: Das Jugendamt signalisierte, dass eine Rückführung von Luca in die Familie langfristig möglich sein könnte.

Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft

Heute, fast zwei Jahre nach der Trennung, hat Sophie einen Weg gefunden, mit der Situation zu leben. Der Schmerz ist noch da, aber er bestimmt nicht mehr ihr Leben. Stattdessen hat sie gelernt, sich auf das Positive zu konzentrieren: die Momente mit Luca, die Fortschritte, die sie als Mutter und Mensch gemacht hat, und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

„Ich bin nicht perfekt, aber ich liebe meinen Sohn. Und ich glaube, dass diese Liebe uns durch alles trägt“, sagt sie. Ihr Ziel bleibt, eines Tages wieder mit Luca unter einem Dach zu leben. Doch bis dahin ist sie dankbar, dass sie weiterhin ein Teil seines Lebens sein darf – so klein dieser Teil auch scheinen mag.

Sophie hofft, dass ihre Geschichte anderen Müttern Mut macht, die sich in ähnlichen Situationen befinden. „Es ist nie zu spät, an sich selbst zu arbeiten und die Verbindung zu seinen Kindern zu stärken“, sagt sie. Denn auch wenn der Weg schmerzhaft ist, zeigt Sophies Geschichte, dass es möglich ist, durch Liebe und Hingabe Brücken zu bauen, die selbst die tiefsten Abgründe überwinden können.

Das könnte Sie auch interessieren:

"Ich habe mich geweigert, meinen Sitzplatz im Zug für eine Mutter mit Kindern aufzugeben: andere Leute müssen auch sitzen"

"Ich muss stark sein": Mutter einer besonderen Tochter erzählt von der Erziehung ihres Kindes