Als Kinderärztin widme ich mein Leben der Gesundheit und dem Wohl von Kindern. Ich sehe ihre ersten Schritte, ihre kleinen Siege – und manchmal auch ihre körperlichen oder emotionalen Kämpfe. Es ist ein Beruf, der Empathie und Hingabe verlangt, und einer, den ich aus tiefstem Herzen liebe. Doch trotz meiner Leidenschaft für meinen Beruf habe ich für mich entschieden, keine eigenen Kinder zu bekommen. Diese Entscheidung ist wohl durchdacht und persönlich – und dennoch spüre ich immer wieder den gesellschaftlichen Druck, sie rechtfertigen zu müssen.
Die Erwartung, dass ich als Kinderärztin Kinder haben sollte
Es beginnt oft mit einem freundlichen Gespräch, sei es mit den Eltern meiner jungen Patient:innen, Kolleg:innen oder sogar Fremden. "Wie viele Kinder haben Sie denn?" ist eine Frage, die fast unvermeidlich kommt. Wenn ich dann erkläre, dass ich keine Kinder habe und auch keine plane, ernte ich oft ungläubige Blicke. Es folgen Kommentare wie: "Aber Sie lieben doch Kinder, oder?" oder "Das wird sich sicher noch ändern, wenn Sie älter sind."
Die unausgesprochene Erwartung, dass eine Frau, die beruflich so eng mit Kindern arbeitet, zwangsläufig auch selbst Mutter werden möchte, ist omnipräsent. Sie beruht auf dem tief verwurzelten gesellschaftlichen Bild, dass Mutterschaft das ultimative Ziel einer Frau sei – insbesondere einer Frau, die sich so intensiv mit dem Wohl von Kindern auseinandersetzt.
Die persönlichen Gründe hinter meiner Entscheidung
Meine Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, ist keine plötzliche oder impulsive. Sie basiert auf einer Kombination aus persönlichen, beruflichen und pragmatischen Überlegungen. Ich habe großen Respekt vor der Rolle, die Eltern übernehmen. Ich sehe in meinem Beruf täglich, wie herausfordernd – und oft auch überfordernd – es sein kann, ein Kind großzuziehen. Eltern tragen eine immense Verantwortung, und sie müssen oft auf eigene Bedürfnisse verzichten, um ihren Kindern das Beste zu bieten.
Ich habe mich gefragt, ob ich bereit wäre, diesen Lebensstil zu wählen. Wäre ich in der Lage, den emotionalen und zeitlichen Aufwand mit meinem anspruchsvollen Beruf zu vereinbaren? Wäre es fair, ein Kind in ein Leben zu bringen, wenn ich weiß, dass meine Prioritäten woanders liegen? Die Antwort war klar: Es ist nicht der Weg, den ich für mich möchte.
Darüber hinaus gibt es persönliche Aspekte wie meine Freiheit und Unabhängigkeit, die mir viel bedeuten. Ich genieße es, meine Energie und Zeit in meinen Beruf und meine Interessen zu investieren, ohne die Verpflichtungen, die mit der Elternschaft einhergehen. Diese Entscheidung macht mich nicht weniger weiblich oder empathisch – sie macht mich einfach ich.
Der gesellschaftliche Druck und die ständigen Fragen
Trotz meiner festen Überzeugung ist der gesellschaftliche Druck spürbar. Die Fragen und Kommentare häufen sich, je älter ich werde. Sie kommen nicht immer aus Boshaftigkeit; oft sind sie gut gemeint. Aber sie spiegeln die unausgesprochenen Normen wider, die Frauen in eine bestimmte Rolle drängen. Es ist nicht nur die Frage nach Kindern – es ist das implizite Urteil, das oft mitschwingt: Dass eine Frau ohne Kinder etwas verpasst, dass sie egoistisch ist oder dass sie es eines Tages bereuen wird.
Besonders herausfordernd ist es, wenn diese Erwartungen aus dem engsten Umfeld kommen. Familie und Freund:innen können Fragen stellen wie: "Wer wird sich um dich kümmern, wenn du alt bist?" oder "Was machst du, wenn du deine Meinung änderst und es dann zu spät ist?" Diese Ängste sind oft projiziert und spiegeln gesellschaftliche Annahmen wider – nicht meine persönliche Realität.
Ein Appell für mehr Akzeptanz
Frauen sollten frei sein, ihr Leben so zu gestalten, wie es zu ihren Wünschen und Bedürfnissen passt – ohne ständige Rechtfertigung. Nicht jede Frau möchte oder kann Mutter werden, und das sollte genauso akzeptiert werden wie der Wunsch nach einer großen Familie. Entscheidungen über Kinder sind zutiefst persönlich und können von einer Vielzahl von Faktoren abhängen, die außenstehende Menschen nicht immer verstehen.
Ich liebe meinen Beruf und die Kinder, mit denen ich arbeite. Ich bin stolz darauf, einen positiven Einfluss auf ihr Leben zu haben, auch wenn ich selbst keine Mutter bin. Diese Entscheidung macht mich nicht weniger wertvoll, weniger weiblich oder weniger einfühlsam. Sie macht mich frei, authentisch und selbstbestimmt – und das ist etwas, was jede Frau verdienen sollte.
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