Nürnberg – Es ist eine Geschichte, die berührt – und zugleich aufwühlt: Zwei hochbetagte Schwestern, 87 und 85 Jahre alt, haben kürzlich eine Entscheidung getroffen, die ihnen das Herz zerriss. Sie ließen ihren eigenen Enkel, 28 Jahre alt, in ein Pflegeheim einweisen. Nicht, weil sie ihn loswerden wollten – sondern weil sie einfach nicht mehr konnten.

Der junge Mann lebt mit einer schweren geistigen und körperlichen Behinderung. Seit seiner Kindheit kümmern sich die beiden Großtanten um ihn – weil die Eltern früh aus dem Leben verschwanden und niemand sonst Verantwortung übernahm. Jahrzehntelang gaben sie ihm Halt, Pflege und Liebe. Doch nun, am Ende ihrer Kräfte, bleibt ihnen nichts anderes übrig.

„Wir haben alles versucht“, sagt Marianne, 87. „Aber wir sind alt. Unsere Körper machen nicht mehr mit. Wir können ihn nicht mehr alleine waschen, heben, versorgen.“ Ihre Schwester Helga ergänzt mit zitternder Stimme: „Es bricht uns das Herz. Aber was, wenn wir morgen nicht mehr da sind? Dann wäre er ganz allein.“

Die Realität: Pflege kennt kein Alter

Die Geschichte dieser beiden Frauen wirft ein grelles Licht auf eine übersehene Realität: In Deutschland pflegen immer öfter alte Menschen andere – sei es ihre Partner, Kinder oder, wie in diesem Fall, ihre Enkel. Die Belastung ist enorm, die Unterstützung gering.

So auch bei Marianne und Helga. „Pflegedienste kamen manchmal, aber viel zu kurz, viel zu unflexibel“, erzählen sie. „Es war immer an uns.“ Ein Heimplatz war lange tabu – aus Liebe. Doch am Ende blieb keine Wahl.

Von der Gesellschaft im Stich gelassen

Viele fragen sich: Wie kann es sein, dass zwei Frauen jenseits der 80 überhaupt noch die Hauptverantwortung für einen schwerbehinderten Erwachsenen tragen müssen? Wo bleibt der Staat, wo das Sozialsystem, wo die Entlastung?

„Es fühlt sich an wie ein Versagen“, sagt Helga leise. Nicht ihr eigenes – sondern das eines Systems, das jahrzehntelange Pflege als selbstverständlich hinnimmt. „Wir haben unser Leben lang gearbeitet, gesorgt, geschleppt – und dann fällt man einfach durch.“

Ein schwerer, aber notwendiger Schritt

Ihr Enkel lebt nun in einem betreuten Wohnbereich eines Pflegeheims. Die Schwestern besuchen ihn regelmäßig. „Er hat sich eingewöhnt. Die Pflegekräfte sind liebevoll“, sagt Marianne mit Erleichterung – und einer Träne im Auge.

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