In einer kleinen Wohnung am Stadtrand lebt Familie El Amrani. Ursprünglich aus Marokko, lebt die Familie seit über 20 Jahren in Deutschland. Vater Youssef arbeitet in einer Kfz-Werkstatt, Mutter Amina kümmert sich um den Haushalt – und vor allem um ihre 16-jährige Tochter Salma, die seit ihrer Geburt schwerbehindert ist. Salma kann nicht laufen, ist auf einen Rollstuhl angewiesen und braucht rund um die Uhr Pflege. Ihre Eltern lieben sie über alles – doch ihre Geduld mit dem deutschen System ist erschöpft.
„Wir kämpfen jeden Tag – aber nicht gegen die Behinderung, sondern gegen die Behörden“
Salma ist ein fröhliches Mädchen. Sie liebt Musik, Lichter, und wenn ihre kleine Schwester ihr Witze erzählt. Doch ihre Lebensfreude wird immer wieder überschattet – nicht durch ihre Einschränkung, sondern durch die bürokratischen Hürden, denen sich ihre Familie gegenüber sieht.
„Wir haben so viele Anträge gestellt – für einen barrierefreien Zugang zur Wohnung, für einen besseren Rollstuhl, für Pflegeunterstützung. Aber alles dauert Monate, manchmal Jahre, oder wird einfach abgelehnt“, sagt Amina frustriert. Besonders schmerzhaft: Der Antrag auf einen Treppenlift wurde abgelehnt – Salma muss jeden Tag mühsam getragen werden.
„Wenn du nicht deutsch klingst, wirst du anders behandelt“
Die Familie fühlt sich nicht nur von den Ämtern im Stich gelassen, sondern auch diskriminiert. „Ich habe das Gefühl, dass man uns nicht ernst nimmt, weil wir einen arabischen Namen haben“, sagt Youssef. „Einmal hat ein Sachbearbeiter gesagt: ‚Ihre Verwandten können doch helfen.‘ Aber wir haben niemanden hier. Wir sind alleine.“
Die Kommunikation mit Behörden ist oft schwierig, trotz guter Deutschkenntnisse. Formulare sind kompliziert, Informationen fehlen, Ansprechpersonen wechseln ständig. „Wir müssen jedes Jahr beweisen, dass unsere Tochter noch behindert ist. Als ob sie plötzlich wieder laufen könnte“, sagt Amina wütend.
Ein System, das nicht für alle funktioniert
Die El Amranis sind kein Einzelfall. Zahlreiche Familien mit Migrationshintergrund berichten von ähnlichen Erfahrungen: mangelnder Zugang zu Informationen, Sprachbarrieren, wenig kultursensible Beratung – und oft das Gefühl, im Schatten zu stehen.
Dabei sollte Inklusion nicht vom Herkunftsland oder vom Bildungsstand der Eltern abhängen. „Wir wollen keine Sonderbehandlung“, sagt Youssef. „Nur Gerechtigkeit. Nur, dass unsere Tochter ein würdiges Leben führen kann.“
Fazit: Eine stille Anklage
Die Geschichte von Familie El Amrani ist eine stille, aber eindrückliche Anklage gegen ein System, das auf Papier inklusiv ist – in der Realität aber viele Familien allein lässt. Salma braucht keine Mitleidsgesten, sondern echte Unterstützung. Und ihre Eltern wollen nicht kämpfen müssen – sondern einfach leben.
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