Lena ist 30 Jahre alt, lebt mit ihrem Ehemann Tom in einer Drei-Zimmer-Wohnung – gemeinsam mit Toms Mutter. Was als praktische Übergangslösung gedacht war, wurde zur Dauerlösung. Und zur Belastung. „Wir wollten ihr nur helfen“, sagt Lena. „Aber heute frage ich mich, wer uns hilft.“
Der Anfang war gut gemeint
Vor zwei Jahren verlor Toms Mutter ihre Wohnung. Der Vermieter hatte Eigenbedarf angemeldet, die Mietpreise waren inzwischen unbezahlbar geworden – vor allem für Rentnerinnen. Lena und Tom wollten nicht wegsehen. Sie boten an, dass seine Mutter vorübergehend bei ihnen einzieht. „Ein paar Monate, dachten wir. Vielleicht ein halbes Jahr“, sagt Tom.
Doch Monate wurden zu Jahren. Und das Miteinander wurde schwieriger – Tag für Tag.
Kein Rückzugsort, keine Ruhe
„Sie ist überall. Immer da. Immer mit einem Kommentar“, sagt Lena leise. Das gemeinsame Wohnzimmer ist längst zur Grauzone geworden. Kochen bedeutet Diskussion. Fernsehen endet im Streit über die Lautstärke oder das Programm. Und selbst der Flur ist nicht mehr neutral: „Sie stellt ihre Hausschuhe mitten in den Weg – ich stolpere fast täglich drüber.“
Besonders schlimm ist es für die Beziehung. „Wir können nicht mal streiten, ohne dass sie sich einmischt. Oder zuhört. Oder gleich weint, weil sie sich ausgeschlossen fühlt.“ Intimität? Privatsphäre? Fehlanzeige.
Liebe in der Mangelzone
Lena betont, dass sie ihre Schwiegermutter nicht hasst. „Sie ist nicht böse. Nur zu viel. Zu nah.“ Die ständige Nähe hat die familiären Beziehungen belastet. Tom steht oft zwischen den beiden Frauen – und zieht sich immer öfter zurück. „Er sagt, ich übertreibe. Aber er ist aufgewachsen mit ihr. Ich nicht.“
Auch Gespräche über Auszugsmöglichkeiten verliefen im Sand. Die Schwiegermutter möchte nicht ins Heim, für eine eigene Wohnung reicht ihre Rente kaum – und Lena und Tom können sich keine größere Wohnung leisten. „Wir sind gefangen. Und keiner redet darüber.“
Ein gesellschaftliches Problem
Was wie ein privates Drama klingt, ist längst ein gesellschaftliches Thema. Die Wohnungsnot, die Altersarmut und die steigende Pflegebedürftigkeit älterer Menschen führen immer häufiger zu Wohnsituationen, die für alle Beteiligten belastend sind. Doch wer darüber spricht, gilt schnell als herzlos.
„Man darf als Schwiegertochter nicht sagen, dass man nicht mehr kann. Dann ist man sofort die Böse“, sagt Lena. „Aber irgendwann verliert man sich selbst.“
Fazit: Zwischen Mitleid und Erschöpfung
Die Geschichte von Lena zeigt, wie schwer es ist, Grenzen zu ziehen, wenn Familie, Verpflichtung und emotionale Erpressung ineinandergreifen. Man will helfen – und verliert dabei Stück für Stück die eigene Lebensqualität.
„Ich liebe meinen Mann. Aber ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.“
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