Für manche ist es nur ein leerer Joghurtbecher, ein ausgeleiertes Gummiband oder eine Plastiktüte. Für Helga*, 67 Jahre alt, sind es Dinge mit Potenzial. Seit Jahrzehnten wirft sie so gut wie nichts weg – egal ob Verpackungen, Gläser, Knöpfe, alte Kabel oder Zeitungsausschnitte. Was andere für Müll halten, bewahrt sie sorgfältig auf. Und das mit voller Überzeugung.

„Ich bin nicht verrückt“, sagt sie lachend. „Ich bin nur jemand, der weiß: Alles kann noch mal nützlich sein.“

Vom Kriegskind zur Aufheberin

Helga ist in den 50er-Jahren geboren worden – eine Zeit, in der nichts verschwendet wurde. Ihre Eltern lebten noch mit dem Geist der Nachkriegszeit: Alles wurde repariert, geflickt, wiederverwendet. „Wegwerfen war keine Option“, sagt sie. „Das habe ich einfach nie verlernt.“

Was heute als „Zero Waste“ gefeiert wird, war für Helga schon immer Alltag – nur ohne Hashtag und Lifestyle. Stattdessen stehen bei ihr im Keller Kisten voller Plastiktüten, Gläser, Papprollen, Dosen, leere Schachteln und Tüten, fein säuberlich sortiert. Und sie weiß genau, wo was liegt.

Plastikbecher statt Tupperware

In ihrer Küche gibt es keine neuen Vorratsdosen. Stattdessen nutzt sie ausgewaschene Margarinebecher, Honiggläser und Eisverpackungen. „Wozu soll ich etwas kaufen, was ich eh schon da habe?“ fragt sie. „Die halten genauso lange – oft länger.“

Sie näht aus alten Stoffresten Einkaufstaschen, bastelt aus Milchkartons Organizer, bewahrt selbst Plastiknetze von Orangen auf („für Blumenzwiebeln im Keller – perfekt“). Ihre Familie schmunzelt oft darüber, aber sie lächelt zurück: „Wenn ihr was sucht – bei mir findet ihr’s.“

Zwischen Nachhaltigkeit und Nostalgie

Natürlich fragt sie sich manchmal, ob es zu viel ist. Ob sie nicht doch mal ausmisten sollte. Aber dann sieht sie sich um und findet: Nein. Das ist kein Müll. Es ist Erinnerung, Ressource – vielleicht sogar Widerstand gegen die Wegwerfgesellschaft.

„Früher hat man Dinge geschätzt“, sagt Helga. „Heute schmeißt man sie weg, bevor sie überhaupt richtig benutzt wurden.“

Und so lebt sie weiter inmitten ihrer Schätze – und ist überzeugt: Wer nichts wegwirft, muss weniger neu kaufen. Und wer bewahrt, bewahrt nicht nur Dinge – sondern auch eine Haltung.

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