Er hat gelernt, geschuftet, Nachtschichten gemacht, Prüfungen bestanden – und steht jetzt vor dem Nichts. Tobias K., 29 Jahre alt, frisch approbierter Arzt mit Fachrichtung Allgemeinmedizin, dachte, dass ihn nach dem Studium offene Türen erwarten würden. Stattdessen: Absagen, Wartelisten und Funkstille.
„Ich war naiv genug zu glauben, Hausärzte werden überall gesucht“, sagt Tobias. „Aber offensichtlich nicht dort, wo ich hin will – oder nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe.“
Fachkräftemangel? Nicht für Berufsanfänger
Politiker sprechen seit Jahren vom drohenden Hausärztemangel, vor allem auf dem Land. Doch für junge Mediziner wie Tobias wirkt diese Realität verzerrt. „Ja, in einem Dorf mit 800 Einwohnern hätte ich vielleicht Chancen. Aber soll ich dafür gleich mein ganzes Leben dort aufbauen – ohne Infrastruktur, ohne Perspektive für Familie und Freizeit?“
Tobias hat sich in mehreren Städten beworben – sowohl für Praxismitarbeit als auch für Weiterbildungsstellen in Kliniken. Die Rückmeldungen: spärlich oder ablehnend. Die wenigen verfügbaren Stellen werden oft unter Ärzt*innen mit Kontakten oder Berufserfahrung vergeben.
Zu jung, zu teuer, zu anspruchsvoll?
„Man bekommt unterschwellig das Gefühl: Wir wollen dich nur, wenn du billig bist, dich selbst ausbeutest oder bereits zehn Jahre Berufserfahrung mitbringst“, sagt er frustriert. Sein Eindruck: Der Beruf ist gesellschaftlich angesehen, aber strukturell chaotisch. Zwischen Bürokratie, Abrechnungssystemen und Klinikdruck bleibt kaum Raum für junge Menschen, die motiviert starten wollen.
Verlorene Generation Medizin?
Tobias steht nicht allein da. In Foren und Gruppen tauschen sich Dutzende junge Ärzt*innen aus, die in ähnlichen Situationen stecken. Einige ziehen ins Ausland, andere orientieren sich komplett um – Richtung Pharmaindustrie oder IT.
„Ich liebe die Medizin“, sagt Tobias, „aber ich frage mich langsam, ob die Medizin mich überhaupt will.“
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