Nathalie ist 38 Jahre alt und lebt in einer Wohnung, die gerade einmal 9 Quadratmeter groß ist. Für viele mag dies nach einer Notlösung klingen, doch für Nathalie ist es ihre Realität – jeden Tag, jede Nacht. Was sie am meisten belastet, ist nicht nur der Platzmangel, sondern die Scham, die sie empfindet.
„Ich habe das Gefühl, dass andere mich verurteilen, wenn sie erfahren, wie klein meine Wohnung ist“, erzählt sie leise. Die Wände sind mit Regalen vollgestellt, der Schreibtisch dient gleichzeitig als Esstisch, und ihr Bett nimmt fast die Hälfte des Raumes ein. Jede Bewegung ist geplant, jeder Gegenstand sorgfältig platziert, damit der kleine Raum irgendwie funktioniert.
Die Gründe, warum Nathalie in einer so winzigen Wohnung lebt, sind vielfältig. Hohe Mieten, unsichere Arbeitsverhältnisse und persönliche Lebensumstände haben sie hierher geführt. Doch für die 38-Jährige ist es mehr als nur ein praktisches Problem. Es ist ein emotionales: „Ich fühle mich oft gefangen, nicht nur physisch, sondern auch gesellschaftlich. Ich frage mich ständig, warum ich nicht ‚weitergekommen‘ bin.“
Trotz der Enge hat Nathalie Wege gefunden, sich ihren kleinen Raum gemütlich zu gestalten. Pflanzen auf Fensterbank und Regal bringen Leben hinein, helle Farben lassen den Raum größer wirken, und kleine Ritualen, wie das tägliche Kerzenanzünden, geben ihr ein Gefühl von Zuhause.
Doch die Scham bleibt. Sie hält Nathalie davon ab, Freunde einzuladen oder über ihre Wohnsituation zu sprechen. „Es ist schwer, offen zu sein, weil man das Gefühl hat, versagt zu haben, obwohl das Leben manchmal einfach anders verläuft, als man es geplant hat.“
Nathalies Geschichte ist ein Spiegelbild vieler Menschen in Städten, in denen Wohnraum knapp und teuer ist. Sie zeigt, dass Scham oft nicht nur aus der Größe der Wohnung entsteht, sondern aus gesellschaftlichen Erwartungen, die uns einreden, dass wir ab einem bestimmten Alter ein bestimmtes Lebensniveau erreicht haben müssen.
Und dennoch: Nathalie lebt, schafft, arrangiert – und findet Momente der Freude in einem Raum, der auf den ersten Blick klein wirkt, aber für sie ein Zuhause ist. Ihre Geschichte erinnert uns daran, dass Lebensqualität nicht allein durch Quadratmeter gemessen wird, sondern durch das, was wir daraus machen.
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