In den grünen Hügeln der schottischen Highlands, nur wenige Kilometer von Inverness entfernt, steht ein ungewöhnliches kleines Haus. Mit seiner runden Tür, dem grasbedeckten Dach und den kleinen, runden Fenstern erinnert es sofort an eine Szene aus J. R. R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“. Und tatsächlich: Hier lebt der 94-jährige Angus MacLeod – der vermutlich älteste „Hobbit“ Schottlands.
Angus, ein ehemaliger Schreiner und leidenschaftlicher Geschichtenerzähler, baute das Haus vor über 30 Jahren eigenhändig. „Ich wollte etwas, das im Einklang mit der Natur steht“, sagt er und streicht liebevoll über das moosige Dach, das im Herbst in warmen Gelb- und Rottönen leuchtet. Damals war der Begriff „Tiny House“ noch kaum bekannt. Für Angus ging es nie um Trends, sondern um ein Lebensgefühl.
Das Innere des Hauses ist eine Mischung aus traditionellem Handwerk und gemütlicher Einfachheit. In der Mitte des Raumes steht ein kleiner Holzofen, der an kühlen Highland-Abenden angenehme Wärme spendet. Auf den Regalen stapeln sich alte Bücher, viele davon handschriftlich kommentiert. „Es gibt nichts Schöneres, als bei Regen drinnen zu sitzen und zu lesen“, sagt Angus mit einem schelmischen Grinsen.
Trotz seines hohen Alters führt Angus ein aktives Leben. Jeden Morgen geht er mit seinem Gehstock den Hang hinunter zum nahegelegenen Bach, um frisches Wasser zu holen. Ab und zu besucht ihn sein Enkel, der ihm Lebensmittel bringt – und staunt jedes Mal, wie unabhängig sein Großvater ist. „Er ist einer dieser Menschen, die sich einfach weigern, alt zu werden“, sagt der Enkel lachend.
Für Angus ist sein Hobbit-Haus nicht nur ein Bauwerk, sondern Ausdruck einer Überzeugung: „Man braucht nicht viel, um glücklich zu sein. Nur ein Dach, ein Feuer und eine gute Geschichte.“ Besucher, die zufällig an seinem Hügel vorbeikommen, lädt er gerne auf eine Tasse Tee ein – immer mit denselben Worten: „Wenn du es eilig hast, bist du hier falsch.“
Obwohl Angus kaum über moderne Technik verfügt, hat sich seine Geschichte über Mundpropaganda und gelegentliche Besucher im Internet verbreitet. Menschen aus aller Welt schreiben ihm Briefe, weil sie sich von seiner Lebensweise inspirieren lassen. Doch berühmt zu sein, interessiert ihn wenig. „Ich wollte nie Aufmerksamkeit“, sagt er und lächelt. „Ich wollte nur meinen eigenen kleinen Frieden.“
Wenn man Angus fragt, ob er etwas bereue, antwortet er nach kurzem Nachdenken: „Vielleicht nur, dass ich nicht noch früher angefangen habe, wie ein Hobbit zu leben.“
Das könnte Sie auch interessieren: