Lena steht jeden Morgen um fünf Uhr auf, lange bevor der Rest ihrer Familie das Haus mit Leben füllt. Ihre erste Tat des Tages ist der Gang ins Badezimmer, wo sie den Spiegel anschaltet und die nächste Phase ihres Morgenrituals beginnt. Was für andere ein schneller Blick in den Spiegel ist, um die Haare zu kämmen und vielleicht ein bisschen Lippenstift aufzutragen, ist für Lena eine kunstvolle Zeremonie.
Ihre Routine ist bis ins kleinste Detail durchdacht. Jede Strähne ihrer Haare muss perfekt sitzen, jeder Pinselstrich auf ihrem Gesicht präzise sein. Sie beginnt mit einer gründlichen Reinigung ihres Gesichts, gefolgt von mehreren Schichten Hautpflegeprodukte, die ihrer Haut Glanz und Ebenmäßigkeit verleihen sollen. Danach beginnt das eigentliche Make-up: Foundation, Concealer, Contouring, Rouge, Highlighter – die Liste scheint endlos.
Der Drang nach Perfektion
Was treibt ein junges Mädchen wie Lena dazu, täglich so viel Zeit vor dem Spiegel zu verbringen? Für sie geht es nicht nur um Eitelkeit. Lena hat das Gefühl, dass sie ohne diese sorgfältige Vorbereitung nicht „sie selbst“ ist. Sie glaubt fest daran, dass das Bild, das sie im Spiegel sieht, ihre Identität formt. Sie strebt nach einem Ideal, das sie selbst geschaffen hat, aber das von den allgegenwärtigen Schönheitsidealen beeinflusst wird, die sie online und in Magazinen sieht.
„Ich möchte, dass die Menschen mich so sehen, wie ich mich selbst sehe – perfekt und makellos“, erklärt Lena. „Wenn ich ohne Make-up aus dem Haus gehe, fühle ich mich nackt und verletzlich.“
Die Schattenseiten
Doch diese Obsession hat auch ihre dunklen Seiten. Lenas soziales Leben leidet unter ihrer Zeit im Badezimmer. Während andere junge Erwachsene ihre Zeit mit Freunden oder Hobbys verbringen, ist Lena oft an den Spiegel gebunden. Einfache Ausflüge mit Freunden oder spontane Aktivitäten werden zur Herausforderung, da sie sich ständig Sorgen macht, dass ihr Make-up nicht perfekt sitzt oder ihre Frisur ruiniert wird.
Außerdem leiden ihre Beziehungen darunter. Ihre Familie und Freunde verstehen ihre Besessenheit nicht, und es kommt häufig zu Streitigkeiten. Besonders ihre Mutter ist besorgt, dass Lena ihre Jugend damit verschwendet, einem unerreichbaren Ideal nachzujagen.
Ein möglicher Ausweg?
Lena ist sich ihrer Situation bewusst, doch die Vorstellung, weniger Zeit in ihr Aussehen zu investieren, löst in ihr Angst und Unbehagen aus. Sie hat das Gefühl, dass sie ohne ihre ausgedehnte Schönheitsroutine an Selbstwert verlieren würde. Dennoch fragt sie sich manchmal, ob es das wirklich wert ist. „Ich wünschte, ich könnte einfach aufwachen und mich schön fühlen, ohne all das tun zu müssen“, gesteht sie.
Experten raten in solchen Fällen zu einer schrittweisen Reduktion der Zeit, die vor dem Spiegel verbracht wird, und zu einer Stärkung des Selbstbewusstseins durch andere Aktivitäten und soziale Interaktionen. Die Teilnahme an Workshops oder Gesprächen mit Gleichgesinnten, die ähnliche Probleme haben, könnte Lena dabei helfen, ihre Selbstwahrnehmung zu verändern und den Druck zu reduzieren.
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