Auf einer fröhlichen Kindergeburtstagsparty in einem Vorort von München, bei der Luftballons, Muffins und Geburtstagslieder für die richtige Stimmung sorgten, kam es zu einer unerwarteten Szene, die für reichlich Gesprächsstoff unter den anwesenden Eltern sorgte: Eine Mutter stillte ihre vierjährige Tochter – mitten im Geschehen.

Während sich die Kleinen begeistert an Spielen wie „Topfschlagen“ und „Reise nach Jerusalem“ beteiligten, zog sich die Mutter, Sarah M., nicht zurück, sondern setzte sich auf eine Gartenbank am Rande des Geschehens und begann, ihre Tochter zu stillen. Einige Blicke der anderen Eltern verrieten Erstaunen, manche Unsicherheit – vereinzelt wurde auch leise gemurmelt. Was folgte, war eine lebhafte, wenn auch zurückhaltende Diskussion über Altersgrenzen, gesellschaftliche Normen und das Bild von Mutterschaft in der Öffentlichkeit.

„Ich war ehrlich gesagt etwas überrascht“, sagte eine andere Mutter, die anonym bleiben wollte. „Ich dachte, mit vier Jahren isst ein Kind doch längst ganz normal vom Tisch.“ Ein Vater ergänzte: „Natürlich ist das die Entscheidung jeder Mutter, aber auf einer Party? Vor anderen Kindern? Das wirft Fragen auf.“

Sarah M. nahm die Reaktionen gelassen – und entschied sich sogar, nach der Party online Stellung zu beziehen. In einem Instagram-Post erklärte sie: „Meine Tochter hatte sich überreizt gefühlt. Stillen beruhigt sie immer noch – und es ist für uns beide ein Moment der Nähe. Ich schäme mich nicht dafür.“

Tatsächlich ist das Stillen über das Babyalter hinaus, auch als Langzeitstillen bekannt, keineswegs ungewöhnlich – wenn auch selten öffentlich sichtbar. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt das Stillen bis zum Alter von zwei Jahren und darüber hinaus, solange Mutter und Kind es möchten. In vielen Kulturen ist das Stillen älterer Kinder gängige Praxis. In westlichen Gesellschaften hingegen wird es oft kritisch beäugt.

Dr. Martina Voss, Kinderärztin und Stillberaterin, erklärt: „Es gibt keinen medizinischen Grund, warum Stillen mit einem bestimmten Alter enden muss. Die Entscheidung liegt bei der Mutter und dem Kind. Entscheidend ist das gegenseitige Einverständnis – nicht das Urteil der Gesellschaft.“

Für Sarah M. war es genau das: eine persönliche Entscheidung in einem Moment der emotionalen Bedürftigkeit ihres Kindes. Doch das Ereignis zeigt, wie stark gesellschaftliche Vorstellungen von Elternschaft, Körperlichkeit und öffentlichem Verhalten noch immer unser Miteinander prägen.

Die Kinder haben sich derweil kaum für die Szene interessiert – sie waren längst wieder beim Topfschlagen.

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