Sabine ist 42 Jahre alt, Verkäuferin in einer Bäckerei – und trotz Vollzeitjob regelmäßig am Monatsende bei null. Oder im Minus. Während andere den Tag mit einem Coffee-to-go beginnen, hat sie da schon vier Stunden hinter der Theke gestanden, Brot geschnitten, Kaffeemaschinen gereinigt, Brötchen belegt – und freundlich gelächelt.
„Ich mag meine Arbeit. Aber sie reicht nicht zum Leben.“
Seit zehn Jahren arbeitet Sabine in derselben Bäckerei. Die Stammkunden kennen sie, viele mögen sie – sie weiß, wer immer das dunkle Roggenbrot will, wer laktosefreie Teilchen braucht oder welcher Rentner nur zwei Semmeln kaufen kann. „Es ist schön, gebraucht zu werden“, sagt sie. Aber auf die Frage, ob sie von ihrem Gehalt leben kann, wird ihr Blick ernst: „Nein. Schon lange nicht mehr.“
Miete, Strom, Lebensmittel – die Preise steigen. Ihr Gehalt bleibt. Sabine verdient etwas über Mindestlohn, arbeitet sechs Tage die Woche. Urlaube? Unbezahlbar. Rücklagen? Gibt’s nicht. „Wenn am 20. das Konto fast leer ist, rechne ich wie ein Buchhalter: Was ist wirklich nötig? Und was kann warten?“
Arbeiten, verzichten, funktionieren
Sabine lebt allein. Kinder hat sie keine, aber auch niemanden, der finanziell einspringen könnte. Freunde sieht sie selten – nicht aus Desinteresse, sondern weil ihr schlicht das Geld fehlt für Cafébesuche oder kleine Ausflüge. „Es ist ein stilles Armsein. Man schämt sich, obwohl man eigentlich nichts falsch gemacht hat.“
Harte Arbeit, wenig Anerkennung
„Viele denken, wir Bäckerei-Frauen machen ein bisschen Kasse und servieren Croissants mit Lächeln. Dabei arbeiten wir im Akkord, stehen stundenlang, tragen schwere Körbe, wischen, kassieren, erklären, hören zu. Und das alles mit 1.400 Euro netto.“ Sabine sagt das nicht verbittert, sondern nüchtern.
Manchmal fragt sie sich, was passieren würde, wenn sie krank wird. Oder wenn plötzlich die Miete steigt. „Ich hab keine Sicherheitsleine. Kein Polster. Kein Netz.“
Und trotzdem: Sie steht jeden Morgen auf
„Ich bin stolz auf das, was ich tue. Ich ernähre Menschen, ich gebe ihnen ein freundliches Wort mit auf den Weg. Aber ich wünschte, ich müsste mich dafür nicht selbst aufgeben.“
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