María C. sitzt auf einer Bank am Bahnhof Zoo. In der Hand: eine alte Tasche mit ihren letzten Habseligkeiten. Die 61-Jährige stammt aus Venezuela und lebt seit sechs Jahren in Deutschland – doch nun droht ihr der endgültige Absturz. Kein Einkommen, keine Wohnung, kein soziales Netz. „Ich habe nichts mehr“, sagt sie leise. „Nur noch Angst.“
Vom Neuanfang zum Absturz
María kam 2019 aus Caracas nach Deutschland. In ihrer Heimat war sie Lehrerin, bis die wirtschaftliche Krise und politische Instabilität sie zur Flucht zwangen. Sie hoffte auf Schutz, Frieden – und eine Zukunft. Zunächst fand sie Arbeit in der Reinigung, später in der Küche eines Pflegeheims. Nie viel Geld, aber genug zum Leben.
Dann kam Corona, dann die Kündigung. Seitdem ging es bergab. „Ich habe monatelang nach Arbeit gesucht“, erzählt María. Doch mit 60, gebrochenem Deutsch und ohne gesicherte Aufenthaltsperspektive wurde sie immer wieder abgewiesen. Die Rücklagen schrumpften. Die Mietschulden wuchsen. Und vor wenigen Wochen kam der Brief: fristlose Kündigung der Wohnung.
Zwischen Bleiberecht und Bürokratie
María hat einen Duldungsstatus. Ihr Asylantrag wurde abgelehnt, aber eine Abschiebung nach Venezuela gilt derzeit als unzumutbar. Das bedeutet: kein Anspruch auf reguläre Sozialleistungen, keine Krankenkasse, kaum Chancen auf legale Beschäftigung.
„Ich darf nicht arbeiten, ich darf nicht bleiben, ich darf nicht leben“, sagt María. Die Bürokratie hält sie in einer Art Schwebezustand – jahrelang. Offiziell existiert sie, aber praktisch steht sie am Rande der Gesellschaft.
Hilfe? Kaum vorhanden
In der Not wandte sie sich an kirchliche Organisationen und Hilfsprojekte. „Die Ehrenamtlichen sind nett, aber sie können nicht zaubern“, sagt sie. Ein Notbett im Winter, eine warme Mahlzeit hier und da – keine dauerhafte Lösung.
Auch bei den Tafeln wird es schwieriger: „Ohne festen Wohnsitz nehmen mich viele nicht mehr auf.“ Sie schläft manchmal bei Bekannten auf dem Sofa, oft aber auch in U-Bahn-Stationen oder Hausfluren.
Eine unsichtbare Krise
Das Schicksal von María steht für viele ältere Migrantinnen, die durch alle Raster des Systems fallen. Ohne gesicherten Aufenthalt, ohne familiären Rückhalt, ohne Stimme. „Niemand spricht über uns“, sagt sie. „Wir existieren nicht für die Politik.“
Und tatsächlich: Während über Altersarmut, Migration oder Wohnungsknappheit diskutiert wird, sind es Menschen wie María, die an den Nahtstellen all dieser Probleme untergehen – lautlos.
Ihr Wunsch? Einfach nur ein Ort
Was María sich wünscht, ist kein Luxus: „Ein kleines Zimmer. Ein Bett. Etwas Sicherheit.“ Sie will nicht betteln, nicht aufgeben. Sie will arbeiten, sich selbst versorgen, nicht abhängig sein. Doch dafür braucht sie eine Chance – und ein System, das Menschen nicht fallen lässt, nur weil sie älter, fremd oder vergessen sind.
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