Herr Karl M., 70 Jahre alt, sitzt an einem gewöhnlichen Sonntagnachmittag am Fenster seines Wohnzimmers. Die Uhr tickt hörbar, die Tasse Kaffee vor ihm ist längst kalt geworden. Wieder einmal warten er und seine Frau vergeblich auf einen Besuch ihrer Kinder. Was früher ein selbstverständliches Ritual war – gemeinsames Mittagessen, Lachen, Geschichten aus dem Alltag – ist heute zu einer Seltenheit geworden.
Karl versteht die Welt nicht mehr ganz. Seine Kinder seien „ständig beschäftigt“, sagen sie am Telefon. Arbeit, Familie, Termine. Er versucht, es nicht persönlich zu nehmen, doch die Stille in der Wohnung macht es schwer. „Man fragt sich, ob man etwas falsch gemacht hat“, gesteht er leise. Es ist nicht die materielle Hilfe, die er vermisst, sondern die Nähe: das Gefühl, noch immer ein wichtiger Teil im Leben seiner Kinder zu sein.
Dabei ist sein Wunsch so bescheiden. Ein kurzer Besuch, ein gemeinsamer Spaziergang oder einfach ein Gespräch bei einer Tasse Kaffee würden reichen. Für ältere Menschen sind diese Momente mehr als nur schöne Abwechslung – sie schenken Halt, Lebensfreude und das Gefühl von Verbundenheit.
Karl hofft weiter. Vielleicht klingelt es ja doch nächste Woche an der Tür. Und vielleicht merken seine Kinder eines Tages, dass Zeit das Wertvollste ist, was man schenken kann – gerade denen, die uns einmal die Welt erklärt haben.
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