Mit einer ruhigen Entschlossenheit, die eher an eine langsam näherkommende Gewitterfront erinnert als an lauten Protest, stellt sich die 76-jährige Elisabeth Kramer vor die Kamera des örtlichen Seniorenrats. Die Botschaft, die sie ausspricht, trägt sie seit Jahren mit sich herum: „Die Rente muss verdoppelt werden.“ Kein Ausruf, kein Donner, nur eine klare, nüchterne Feststellung – beinahe wie ein Werkzeug, das man endlich aus der Schublade holt, weil es längst gebraucht wird.
Kramer lebt allein in einer kleinen Wohnung am Stadtrand. Die Kosten für Heizung, Lebensmittel und Medikamente haben sich stückweise in die Höhe geschraubt, „wie ein Fahrstuhl, der nicht mehr anhält“, sagt sie. Ihre Rente hingegen bleibt in ruhigen, unbeweglichen Zahlen stehen. „Ich habe 45 Jahre eingezahlt. Jetzt soll ich entscheiden, ob ich die neuen Brillengläser nehme oder ob ich im Winter nur die Küche heize? Das ist kein Leben im Alter – das ist Verwaltung von Mangel.“
Dass sie mit ihrer Forderung nicht allein steht, bestätigen aktuelle Umfragen lokaler Verbände: Immer mehr Rentnerinnen und Rentner sehen ihre finanzielle Lage als prekär. Viele berichten von einem Alltag, der weniger von Zeitwohlstand als von Preislisten geprägt sei. Kramer formuliert es knapp: „Wir Alten gehen nicht auf die Straße, aber wir spüren die Schieflage jeden Tag.“
Ihre Forderung nach einer Verdoppelung der Rente klingt auf den ersten Blick radikal. Doch Kramer betont, es gehe ihr nicht um Luxus. „Ich will nicht reisen, ich will nicht konsumieren. Ich will nicht jeden Cent drehen müssen wie eine Schraube, die schon ausgeleiert ist.“ Sie wünscht sich ein Alter, in dem Menschen sich auf Gesundheit, Gemeinschaft und ein wenig Ruhe konzentrieren können.
Der Seniorenrat möchte ihre Aussage zum Anlass nehmen, die Diskussion über Altersarmut neu zu beleben. Für Kramer wäre das ein Anfang, aber kein Abschluss. „Seit Jahren reden wir über Reformen“, sagt sie und zieht ihren Mantel enger um die Schultern. „Jetzt wäre es schön, wenn man auch etwas davon spürt.“
Während sie langsam Richtung Bushaltestelle geht, wirkt sie nicht kämpferisch, eher standhaft. Eine Frau, die gelernt hat, still zu tragen – und nun doch den Satz ausspricht, den viele denken: Die Rente muss verdoppelt werden.
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