Ein Mann und eine Frau, 49 und 53 Jahre alt, kennen die Härten des Lebens auf der Straße nur zu gut. Lange Zeit lebten sie in einem kleinen Zelt, improvisierten sich ihren Alltag zwischen den Unsicherheiten der Obdachlosigkeit und den wenigen festen Orten, die ihnen Schutz boten. Die Jahre auf der Straße hinterlassen Spuren – nicht nur körperlich, sondern auch in der Art, wie Menschen Alltag, Ordnung und Strukturen wahrnehmen.

Dank sozialer Unterstützung haben sie nun eine Wohnung erhalten – eine sichere Unterkunft, die vielen Menschen nur ein Traum bleibt. Doch der Übergang vom Leben im Zelt zu einer festen Wohnung ist oft schwieriger, als man denkt. Die Wohnung, die ihnen zugewiesen wurde, ist überfüllt, unordentlich und wirkt chaotisch. Kleidung liegt auf Stühlen, leere Verpackungen stapeln sich auf dem Boden, und Regale, die eigentlich Stauraum bieten sollen, bleiben ungenutzt.

Sozialarbeiter:innen betonen, dass Unordnung in solchen Fällen oft kein Ausdruck von Faulheit ist, sondern von tief verwurzelten Gewohnheiten und psychischen Belastungen. Nach Jahren, in denen der tägliche Überlebenskampf im Vordergrund stand, ist das Einhalten von Ordnung in einem festen Zuhause eine ganz neue Herausforderung. „Es ist ein Lernprozess“, erklärt eine Fachkraft für Wohnungslosenhilfe. „Menschen, die lange obdachlos waren, müssen erst wieder den Rhythmus und die Routinen für ein sicheres Leben in einer Wohnung entwickeln.“

Das Paar selbst beschreibt ihre Situation ambivalent. Sie sind dankbar für die Wohnung, fühlen sich dort sicherer, gleichzeitig jedoch überfordert von der Verantwortung, alles in Schuss zu halten. Die Geschichte zeigt, dass soziale Hilfe nicht nur aus einer Unterkunft besteht, sondern auch aus Begleitung, Unterstützung im Alltag und Geduld.

Experten raten dazu, solche Übergänge behutsam zu begleiten: Kleine Schritte, klare Strukturen, regelmäßige Hilfe bei Haushaltsführung und psychologische Unterstützung können den Unterschied machen. Der Weg von der Straße in ein geordnetes Leben ist lang, aber mit der richtigen Unterstützung möglich.

Für das Paar ist die Wohnung mehr als nur vier Wände – sie ist ein Symbol für eine neue Chance. Auch wenn die Ordnung noch fehlt, ist der erste Schritt getan: Sie haben einen sicheren Ort, an dem sie bleiben können. Jetzt beginnt die zweite Aufgabe: den Alltag wieder zu lernen und Schritt für Schritt ein Zuhause daraus zu machen.

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