Frau Müller, eine 72-jährige ehemalige Krankenschwester, und ihr Mann, Herr Müller, 75, der sein Berufsleben als Handwerker verbrachte, hatten nie ein luxuriöses Leben. Doch nach ihrem Renteneintritt standen sie vor einer bitteren Realität: Ihre Renten reichen gerade aus, um die Grundkosten wie Miete, Strom und Versicherungen zu decken. Nach Abzug dieser Fixkosten bleiben ihnen monatlich etwa 300 Euro für den Rest – das entspricht 10 Euro pro Tag.
„Es war anfangs ein Schock“, gesteht Frau Müller. „Als wir das erste Mal alle Zahlen zusammengetragen hatten, wurde uns klar, dass wir unsere Gewohnheiten drastisch ändern müssen.“
Der Alltag im Spagat zwischen Notwendigkeit und Verzicht
Der Alltag der Müllers ist geprägt von sorgfältiger Planung und sparsamem Konsum. Einkaufen bedeutet, die Preise genau zu vergleichen, Sonderangebote zu nutzen und genau zu überlegen, was wirklich notwendig ist. „Früher hätte ich nie gedacht, dass ich so viel Zeit darauf verwenden würde, die Prospekte der Supermärkte durchzublättern. Aber inzwischen ist es zur Routine geworden“, sagt Frau Müller.
Sie kochen fast ausschließlich zu Hause, da selbst günstige Imbisse das Budget sprengen würden. „Wir essen oft einfache Gerichte wie Eintöpfe oder Kartoffeln mit Quark. Diese Mahlzeiten sind nicht nur günstig, sondern auch nahrhaft“, erzählt sie. Ein großer Luxus ist ein gemeinsamer Besuch beim Bäcker, um sich ab und zu ein Stück Kuchen zu gönnen – eine kleine Belohnung für die Disziplin, die das tägliche Sparen erfordert.
Die emotionalen Herausforderungen
Neben den finanziellen gibt es auch emotionale Herausforderungen. „Es fühlt sich manchmal an, als würden wir am Rande der Gesellschaft leben“, gesteht Herr Müller. „Wir können uns keine Urlaubsreisen leisten, keine Restaurantbesuche, und auch kulturelle Veranstaltungen sind oft unerschwinglich.“
Der soziale Rückzug ist eine schmerzliche Konsequenz des knappen Budgets. Viele Freunde und Bekannte aus jüngeren Jahren können sich mehr leisten und laden die Müllers immer seltener ein. „Man schämt sich, ständig absagen zu müssen, weil man es sich einfach nicht leisten kann“, sagt Frau Müller traurig.
Trotzdem hat das Paar Wege gefunden, um ihre Lebensqualität aufrechtzuerhalten. Lange Spaziergänge in der Natur, das gemeinsame Pflegen ihres kleinen Gartens und das Lesen von Büchern aus der Bibliothek sind einfache Freuden, die ihnen viel bedeuten. „Es geht darum, das Positive zu sehen und sich an den kleinen Dingen zu erfreuen“, meint Frau Müller mit einem Lächeln.
Die Frage nach Gerechtigkeit
Die Geschichte der Müllers wirft ein Schlaglicht auf ein Problem, das viele ältere Menschen in Deutschland betrifft: Altersarmut. Trotz eines Lebens voller Arbeit und Beiträgen zur Gesellschaft finden sich viele Rentner in einer Lage wieder, in der sie mit minimalen Mitteln auskommen müssen.
„Man fragt sich schon, ob das gerecht ist“, sagt Herr Müller nachdenklich. „Wir haben unser ganzes Leben hart gearbeitet, Steuern gezahlt und trotzdem reicht es im Alter kaum zum Leben.“
Das Ehepaar wünscht sich mehr Aufmerksamkeit für das Thema Altersarmut und konkrete Maßnahmen, um Rentner wie sie besser zu unterstützen. „Wir wissen, dass wir nicht die Einzigen sind. Viele schämen sich, ihre Situation öffentlich zu machen, aber wir hoffen, dass unsere Geschichte anderen Mut macht“, sagt Frau Müller zum Schluss.
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