Thomas ist 54 Jahre alt und seit 28 Jahren ohne festen Job. Während andere in seinem Alter über Rente oder Karriereaufstieg sprechen, lebt Thomas ein völlig anderes Leben – eins jenseits des geregelten Arbeitsalltags. Seit er mit 26 Jahren das letzte Mal fest angestellt war, schlägt er sich durch – mal mit Gelegenheitsjobs, mal mit Unterstützung vom Amt, mal durch Hilfe von Freunden. Seine Geschichte ist unbequem, aber real – und wirft Fragen auf, die viele nicht stellen wollen.
„Ich bin nicht faul – ich passe nur nicht rein“
„Ich bin kein Faulpelz“, sagt Thomas direkt. „Ich habe nur nie meinen Platz in diesem System gefunden.“ Die letzten Jahre war er offiziell „arbeitssuchend“, doch Bewerbungen schreibt er schon lange keine mehr. Er hat es oft versucht – mit Jobs im Lager, in der Gastronomie, als Fahrer. Doch es hielt nie lange. „Es hat einfach nie gepasst. Ich fühlte mich eingesperrt, überfordert, nicht gesehen.“
Stattdessen lebt er heute von Bürgergeld, wohnt in einer kleinen Einzimmerwohnung am Stadtrand und lebt bescheiden. Keine Urlaube, kein Auto, kaum Technik. Seine Tage verbringt er mit Lesen, Spazierengehen und Gesprächen mit Nachbarn – viele davon ebenfalls am Rand der Gesellschaft.
Ein Leben am Rand – aber bewusst
Thomas sieht sich nicht als Opfer. „Ich habe mir dieses Leben irgendwann selbst gewählt“, sagt er. „Das bedeutet nicht, dass es leicht ist. Es bedeutet nur, dass ich mich nicht mehr selbst belüge.“
Er kritisiert das Bild, das viele von Arbeit haben: „Wer arbeitet, ist etwas wert. Wer nicht arbeitet, ist nichts. Das ist die Denkweise. Aber was ist mit Menschen wie mir? Die nicht krank genug für Rente sind, aber auch nicht in das System passen?“
Der Preis der Freiheit
Doch seine Lebensweise hat ihren Preis: soziale Isolation, finanzielle Unsicherheit, fehlende Perspektiven. „Ich habe mich daran gewöhnt, mit sehr wenig klarzukommen. Aber manchmal frage ich mich, wie lange das noch geht.“
Einsamkeit sei ein ständiger Begleiter, besonders an Feiertagen oder wenn wieder Briefe vom Amt kommen. Auch die Stigmatisierung trifft ihn. „Wenn ich sage, dass ich seit 28 Jahren nicht arbeite, bekomme ich oft nur Blicke voller Verachtung.“
Eine unbequeme Wahrheit
Thomas’ Geschichte konfrontiert uns mit einer Realität, die oft ignoriert wird: Nicht alle Menschen funktionieren im klassischen Arbeitsleben. Und nicht jeder, der nicht arbeitet, ist automatisch „arbeitsunwillig“. Viele fühlen sich ausgeschlossen, abgehängt, unverstanden.
„Ich wünsche mir keine Mitleidsgesten“, sagt Thomas. „Ich wünsche mir ein System, das mehr Möglichkeiten kennt als nur: arbeiten oder rausfallen.“
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