Im Jahr 2024 lebten in Deutschland rund 2,97 Millionen alleinerziehende Eltern – ein deutlicher Beleg dafür, wie viele Menschen täglich versuchen, den Spagat zwischen Beruf und Familie alleine zu meistern. Der Großteil dieser Eltern, etwa 2,39 Millionen, sind Frauen. Zwar ist die Zahl der alleinerziehenden Väter mit rund 580.000 leicht gestiegen, doch die Realität bleibt: Alleinerziehend zu sein ist in Deutschland nach wie vor eine weiblich dominierte Herausforderung.
stern TV hat zwei berufstätige Mütter durch ihren Alltag begleitet – und zeigt eindrucksvoll, mit welchen Belastungen Alleinerziehende zu kämpfen haben.
Laila Boudchich aus Köln: Drei Kinder, 40-Stunden-Job, null Pause
Laila Boudchich lebt mit ihren drei Kindern in Köln. Sie arbeitet vollzeit – 40 Stunden pro Woche – in einem Bürojob. Morgens bringt sie ihre Kinder zur Schule und in die Kita, hetzt dann zur Arbeit, erledigt nach Feierabend den Haushalt, hilft bei den Hausaufgaben, kocht, organisiert Arzttermine, und ist nachts oft die einzige, die sich kümmert, wenn eins der Kinder krank wird oder schlecht träumt.
"Man funktioniert einfach", sagt Laila. Freizeit? Fehlanzeige. Unterstützung? Kaum. „Ohne meine Nachbarin, die manchmal einspringt, wenn ich’s gar nicht mehr schaffe, wüsste ich nicht weiter.“
Doreen Borchert aus München: Beruf und Verantwortung im Alleingang
Auch Doreen Borchert lebt diesen Kraftakt täglich. Sie ist Fuhrparkmanagerin in München, arbeitet 35 Stunden pro Woche und kümmert sich alleine um ihren Sohn. Sie beschreibt den Alltag als einen „Dauerlauf ohne Ziellinie“. Trotz guter Organisation bleibt kaum Zeit für sich selbst. „Ich liebe meinen Sohn über alles, aber ich bin oft einfach erschöpft“, sagt sie.
Doreen hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, erhält aber unregelmäßige Zahlungen vom Vater. Zuschüsse vom Staat? Schwer zu beantragen und mit vielen bürokratischen Hürden verbunden.
Wird Alleinerziehenden in Deutschland genug geholfen?
Die Realität zeigt: Viele Alleinerziehende fühlen sich vom System allein gelassen. Zwar gibt es staatliche Hilfen wie Unterhaltsvorschuss, Kinderzuschlag, Wohngeld oder Steuererleichterungen (z. B. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) – doch diese kommen oft nicht in dem Maße an, wie sie gebraucht werden.
Oft mangelt es an flexiblen Betreuungsmöglichkeiten, insbesondere in Randzeiten oder während der Schulferien. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für Alleinerziehende wesentlich schwieriger als für Eltern in Partnerschaften. Hinzu kommt: Wer alleinerziehend ist, hat ein erhöhtes Armutsrisiko. Fast 40 % der Alleinerziehenden in Deutschland gelten laut Studien als armutsgefährdet.
Was sich ändern müsste
Laila und Doreen stehen exemplarisch für Millionen Menschen, die täglich über ihre Grenzen gehen – aus Liebe zu ihren Kindern und aus Verantwortung. Was sie brauchen, ist nicht nur Bewunderung für ihre Stärke, sondern konkrete Entlastung:
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Ausbau kostenloser, flexibler Kinderbetreuung
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Vereinfachung staatlicher Leistungen
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Mehr Anerkennung und Rücksichtnahme im Arbeitsleben
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Stärkere gesetzliche Verpflichtung säumiger Unterhaltszahler
Denn solange Alleinerziehende jeden Tag einen Marathon laufen, ohne je das Ziel zu sehen, ist klar: Der Staat darf sie nicht länger im Stich lassen.
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