Für viele Eltern ist es eine der schwersten Entscheidungen im Leben, wenn sich die Lebensumstände ihrer Kinder verändern und die Familie auseinandergeht. Für Sabine, eine 50-jährige Mutter aus Berlin, ist dieser Moment nun Realität. Ihre 16-jährige Tochter, Lena, hat beschlossen, zu ihrem Vater zu ziehen – und während die Entscheidung für Lena vielleicht eine neue Chance bedeutet, fühlt sich Sabine von Traurigkeit und Leere überwältigt.

„Es war ein langsamer Prozess“, erklärt Sabine in einem Interview. „Lena hat immer mehr Zeit bei ihrem Vater verbracht, und irgendwann kam der Moment, in dem sie mir sagte, dass sie endgültig bei ihm wohnen möchte. Ich wusste, dass es irgendwann passieren könnte, aber es war trotzdem ein harter Schlag.“

Sabine und Lena haben eine enge Mutter-Tochter-Bindung, die über die Jahre gewachsen ist. Sie haben unzählige Stunden zusammen verbracht, seien es Ausflüge, Gespräche oder einfach das gemeinsame Leben. Doch mit dem Heranwachsen der Tochter verändert sich die Dynamik in der Familie. Lena, nun 16 Jahre alt, steht am Übergang ins Erwachsenwerden und möchte sich mehr mit ihrem Vater auseinandersetzen. Für Sabine ist dies eine Herausforderung, die nicht nur ihre Rolle als Mutter, sondern auch ihr eigenes Selbstverständnis auf die Probe stellt.

„Es ist nicht nur die Tatsache, dass sie zu ihrem Vater zieht. Es ist auch der Gedanke, dass ich vielleicht nicht mehr die zentrale Bezugsperson in ihrem Leben bin. Ich frage mich, ob ich etwas falsch gemacht habe oder ob es normal ist, dass Kinder irgendwann auf eigene Weise ihr Leben gestalten wollen“, gesteht Sabine mit einem Hauch von Bedauern in ihrer Stimme.

Der Schritt von Lena ist nicht aus einem Konflikt zwischen den Eltern entstanden, sondern vielmehr aus dem Wunsch, mehr Zeit mit ihrem Vater zu verbringen und neue Erfahrungen zu sammeln. „Es ist schwer, diesen Wunsch nach Selbstständigkeit zu akzeptieren, auch wenn ich verstehe, dass es ein natürlicher Schritt ist“, sagt Sabine. „Lena ist kein kleines Kind mehr. Sie ist ein Teenager, der ihre eigenen Entscheidungen treffen möchte.“

Trotz des Verständnisses für die Entscheidung ihrer Tochter bleibt Sabine mit einem Gefühl der Leere zurück. „Es fühlt sich an, als würde ein Stück meines Lebens fehlen“, erklärt sie. Die Trennung, die noch nicht endgültig ist, hinterlässt bei ihr eine tiefe Traurigkeit. Die ständigen Erinnerungen an die gemeinsame Zeit, die Gespräche und das Zusammensein, machen den Abschied schwieriger.

Doch Sabine weiß, dass es wichtig ist, diese Veränderung zu akzeptieren und ihre eigene Stärke zu finden. „Ich will nicht, dass sie das Gefühl hat, dass ich sie daran hindere, ihren eigenen Weg zu gehen“, erklärt Sabine. „Ich möchte, dass sie weiß, dass sie immer willkommen ist und dass sie jederzeit zu mir kommen kann, egal, wie weit sie weg ist.“

Trotz der Trennung fühlt sich Sabine weiterhin als Mutter und als Unterstützerin für ihre Tochter. Sie plant, die Beziehung zu Lena auf eine neue Weise zu gestalten – weniger als „ständige Begleiterin“ und mehr als „Vertraute“, die da ist, wenn sie gebraucht wird. „Ich muss lernen, loszulassen. Das wird nicht einfach, aber ich weiß, dass sie nicht für immer ein Kind bleiben kann. Sie muss ihren eigenen Platz in der Welt finden.“

Auch wenn Sabine ihre Tochter jetzt öfter vermisst, versucht sie, den Fokus auf das Positive zu richten. „Es wird eine Umstellung für uns beide. Aber ich weiß, dass Lena und ich weiterhin eine enge Verbindung haben werden, auch wenn sie nun mehr Zeit bei ihrem Vater verbringt. Sie wird immer meine Tochter bleiben.“

Für Sabine bleibt die Hoffnung, dass diese Veränderung letztlich dazu führt, dass ihre Tochter und sie in einer neuen, vielleicht noch stärkeren Weise miteinander verbunden bleiben. Sie hat erkannt, dass Loslassen nicht das Ende einer Beziehung bedeutet, sondern der Beginn einer neuen Etappe im Leben ihrer Tochter – und auch ihrer selbst.

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