Renate ist 65 Jahre alt, lebt allein in einer kleinen Mietwohnung am Stadtrand – und war vor Kurzem zum ersten Mal seit über einem Jahr wieder in einem Restaurant essen. Kein schickes Lokal, keine teure Küche – einfach nur ein kleiner Gasthof mit Schnitzel, Beilagensalat und einem Glas Wasser. Für viele ist das Alltag. Für Renate war es ein besonderer Tag. Denn mehr als diesen einen Besuch im Jahr kann sie sich nicht leisten.

„Ich plane das Wochen vorher – es ist wie ein Festtag“

Renate bezieht eine kleine Rente von knapp 970 Euro im Monat. Nach Abzug von Miete, Strom, Medikamenten und Lebensmitteln bleibt ihr kaum etwas übrig. „Ein Kaffee im Café? Unbezahlbar. Ein Essen im Restaurant? Nur einmal im Jahr – zum Geburtstag, wenn überhaupt“, sagt sie mit einem schwachen Lächeln.

Früher, als sie noch als Verkäuferin arbeitete, ging sie regelmäßig mit Kolleginnen essen. Heute steht sie oft vor dem Schaufenster der Bäckerei und rechnet im Kopf: „Kaffee und ein Stück Kuchen – das wären schon fast acht Euro. Das ist mein Tagesbudget.“

Altersarmut hat ein Gesicht – viele schauen weg

Renates Geschichte ist keine Ausnahme. Immer mehr Seniorinnen und Senioren in Deutschland leben am Existenzminimum. Altersarmut ist real – oft still, oft versteckt, oft beschämt verschwiegen. Besonders betroffen sind Frauen, die jahrzehntelang gearbeitet haben, aber wegen Kindererziehung, Teilzeit oder schlechter Bezahlung nur wenig Rente bekommen.

„Ich habe 42 Jahre eingezahlt. Und jetzt muss ich überlegen, ob ich mir mal einen Joghurt extra gönne oder nicht“, sagt Renate. Ihre Stimme zittert dabei ein wenig – nicht vor Wut, sondern vor Enttäuschung.

Gesellschaftliche Teilhabe? Für viele unerschwinglich

Was vielen Jüngeren selbstverständlich erscheint – mal spontan essen gehen, ins Kino oder ein Museum besuchen – ist für viele ältere Menschen Luxus. Ein Abend im Restaurant ist nicht nur eine finanzielle Hürde, sondern auch eine soziale. „Man fühlt sich ausgeschlossen. Man sitzt zu Hause, während andere ausgehen. Irgendwann wird man unsichtbar“, beschreibt Renate.

Der Rückzug aus dem öffentlichen Leben ist schleichend – aber spürbar. Und er macht einsam. Studien zeigen, dass Armut im Alter oft mit Isolation und psychischen Belastungen einhergeht.

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