Die Landwirtschaft in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern ist auf die Unterstützung ausländischer Saisonarbeitskräfte angewiesen. In einem aufschlussreichen Interview äußerte sich Isabelle Bohnert, eine Expertin auf dem Gebiet der Arbeitsmigration und Landwirtschaft, zu dieser zentralen Thematik. Sie betont, dass ohne die Arbeitskräfte aus dem Ausland die Ernte schlichtweg nicht bewältigt werden könnte. Doch warum ist dies der Fall, und welche Folgen hätte eine Reduktion der ausländischen Arbeitskräfte für die Landwirtschaft?

Die zentrale Rolle der Saisonarbeitskräfte

„Ohne ausländische Saisonarbeitskräfte ließe sich die Ernte nicht bewältigen“, so Bohnert. Diese Aussage trifft den Kern einer oft übersehenen Problematik in der deutschen Landwirtschaft. Saisonarbeitskräfte sind vor allem in der Erntezeit von Obst und Gemüse sowie in der Wein- und Spargelernte unverzichtbar. Rund 300.000 Saisonarbeiter, viele davon aus Osteuropa, kommen jährlich nach Deutschland, um die Erntearbeit zu erledigen. Die Erntezeit ist oft hektisch und erfordert eine hohe Zahl an Arbeitskräften, die innerhalb eines engen Zeitrahmens eingesetzt werden müssen.

Bohnert erklärt, dass diese Arbeitskräfte vor allem in den Frühjahrs- und Sommermonaten benötigt werden, wenn die landwirtschaftlichen Arbeiten am dringendsten sind. Ohne diese saisonalen Hilfen könnten viele Betriebe ihre Ernten nicht rechtzeitig einfahren, was zu erheblichen Ernteausfällen führen würde.

Herausforderungen durch die Pandemie und die Folgen für den Arbeitsmarkt

Die Pandemie hat den ohnehin schon angespannten Arbeitsmarkt in der Landwirtschaft zusätzlich belastet. Grenzschließungen und Reisewarnungen erschwerten es, Saisonarbeitskräfte rechtzeitig in die Erntegebiete zu bringen. Dies führte nicht nur zu einem Anstieg der Arbeitskosten, sondern auch zu Ernteausfällen, da viele Bauern keine ausreichende Anzahl von Arbeitskräften finden konnten.

Isabelle Bohnert kritisiert, dass trotz der Anerkennung der Bedeutung von ausländischen Arbeitskräften die politischen Maßnahmen oft zu wenig langfristige Lösungen bieten. Zwar gab es in der Pandemie zeitweise Erleichterungen, die den Zugang von Arbeitskräften aus dem Ausland ermöglichten, jedoch müsse diese Problematik auch in Zeiten ohne Krisen stärker berücksichtigt werden.

Die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften

Deutschland ist stark von Saisonarbeitskräften aus Ländern wie Polen, Rumänien und Bulgarien abhängig. Bohnert macht deutlich, dass die Anwerbung dieser Arbeitskräfte nicht nur eine wirtschaftliche Notwendigkeit für die deutschen Bauern darstellt, sondern auch im Rahmen der europäischen Freizügigkeit innerhalb der EU als rechtlich zulässig und praktiziert wird.

Ein grundlegendes Problem, das Bohnert anmerkt, ist die Tatsache, dass die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft oft unattraktiv für einheimische Arbeitskräfte sind. Lange Arbeitszeiten, körperlich anstrengende Tätigkeiten und relativ niedrige Löhne schrecken viele potenzielle deutsche Arbeitskräfte ab. Daher sei die Landwirtschaft stark auf die ausländischen Arbeitskräfte angewiesen, die bereit sind, diese schwierigen Arbeitsbedingungen zu akzeptieren.

Zukunftsperspektiven und Lösungen

Bohnert betont jedoch auch, dass die Abhängigkeit von ausländischen Saisonarbeitskräften nicht ohne weiteres als Dauerlösung betrachtet werden sollte. Langfristig sei es wichtig, die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft zu verbessern, um auch deutsche Arbeitskräfte zu gewinnen. Hier sieht sie sowohl die Politik als auch die Landwirtschaft in der Verantwortung, gerechtere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, um die Attraktivität des Sektors zu erhöhen.

„Es muss ein Umdenken stattfinden“, so Bohnert. „Wir müssen die Arbeitsbedingungen anpassen, wenn wir auch in Zukunft genug Arbeitskräfte für die Ernte gewinnen wollen. Das wird aber nur funktionieren, wenn es nicht nur um kurzfristige Lösungen geht, sondern um eine nachhaltige Strategie für die Landwirtschaft.“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Isabelle Bohnert mit ihrer Aussage auf die immense Bedeutung der ausländischen Saisonarbeitskräfte für die Landwirtschaft hinweist. Doch sie mahnt auch an, dass die langfristige Lösung in einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen liegen muss, um die Abhängigkeit von Arbeitskräften aus dem Ausland zu reduzieren und die Zukunft der Landwirtschaft zu sichern.

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