Obdachlose schlafen auf der Straße, Mütter verzichten auf Lebensmittel, um ihre Kinder zu ernähren, Rentner suchen in Mülleimern nach Flaschen: Obwohl Deutschland zu den reichsten Ländern der Welt gehört, sind 13,8 Millionen Menschen von Armut bedroht oder leben bereits unter der Armutsgrenze.

Zu diesem Ergebnis kommt der Paritätische Wohlfahrtsverband in seinem aktuellen Armutsbericht. Auch die Bundesregierung hat in ihrem Bericht 2022 eingeräumt, dass die Kluft zwischen Arm und Reich im Lande wächst.

In der Liste der reichsten Länder der Welt, die zuletzt 2021 aktualisiert wurde, liegt Deutschland auf Platz 20. Die Rangliste basiert auf dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf der Bevölkerung.

Armut in Deutschland. Quelle: dw.com

Dieser Indikator wird als Verhältnis zwischen dem Wert aller in einem Land in einem Jahr produzierten Waren und Produkte und der Zahl seiner Einwohner berechnet. In Deutschland waren es im Jahr 2021 etwas mehr als 50.700 Dollar.

Im Vergleich dazu gilt Luxemburg als das reichste Land der Welt. Im Jahr 2021 lag das Pro-Kopf-BIP bei rund 136.700 Dollar.

Die zehn ärmsten Länder der Welt liegen in Afrika. Am ärmsten ist Burundi mit einem Pro-Kopf-BIP von knapp über 270 Dollar.

Absolute und relative Armut

In der Sozialwissenschaft wird zwischen absoluter Armut, bei der die Menschen ihre lebensnotwendigen Grundbedürfnisse nicht befriedigen können, und relativer Armut, die durch die durchschnittlichen Lebensbedingungen in der Gesellschaft definiert ist, unterschieden.

Während viele Menschen in den ärmsten Ländern der Welt in absoluter Armut leben, leiden einige Menschen in Europa eher unter relativer Armut.

Statistiken zeigen, dass 1,5 Millionen Kinder in Deutschland in Haushalten von Sozialhilfeempfängern leben

Armut in Deutschland. Quelle: dw.com

Es handelt sich um Europäer, die mit erheblichen materiellen Einschränkungen leben müssen. In den meisten Fällen können sie ohne viele Dinge auskommen, die für die meisten Menschen selbstverständlich sind.

In der EU gilt eine Person als armutsgefährdet oder arm, wenn sie über weniger als 60 % des für das betreffende Land berechneten Medianeinkommens verfügt. Bei weniger als 50 % wird die Person als sehr arm eingestuft.

In Deutschland gelten Alleinstehende, die weniger als 1.148 Euro im Monat verdienen, als arm. Für einen alleinerziehenden Elternteil mit einem Kleinkind beträgt dieser Betrag 1.492 € und für ein Paar mit zwei Kleinkindern 2.410 €.

Die angegebenen Beträge verstehen sich nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie staatlichen Leistungen.

Wie viel Geld braucht man zum Leben in Deutschland?

Deutschland betrachtet sich selbst als Sozialstaat. Wer keine Arbeit findet oder arbeitsunfähig ist und kein Einkommen hat, erhält Grundsicherung, umgangssprachlich Hartz IV genannt.

Sie dient der Deckung der Lebenshaltungskosten, der Mietkosten und der Kranken- und Pflegeversicherung im Alter. Rund 5,3 Millionen Menschen in Deutschland waren im Jahr 2020 Hartz-IV-Empfänger.

Alleinstehende und Alleinerziehende erhalten 449 € pro Monat. Von diesem Betrag müssen Sie Lebensmittel, Kleidung, Körperpflegeprodukte, Haushaltswaren, Internet, Telefon und Strom bezahlen.

Leben zwei Hartz-IV-Empfänger in einer Lebensgemeinschaft, reduziert sich der Regelsatz für jeden von ihnen auf 404 Euro. Für jedes Kind werden je nach Alter zwischen 285 und 376 Euro gezahlt.

Armut in Deutschland. Quelle: dw.com

Wohlfahrtsverbände haben wiederholt darauf hingewiesen, dass das Grundeinkommen nicht vor Armut schützt und für eine echte Teilhabe am Leben in Deutschland nicht ausreicht. Die Bundesregierung will den Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger ab 2023 auf 502 Euro erhöhen.

Nach Ansicht des Soziologen und Armutsforschers Christoph Butterwege ist dies jedoch nicht ausreichend. Um "anständig" leben und sich zum Beispiel gesund ernähren zu können, schätzt er, dass er mindestens 650 Euro benötigt.

Auch Rentner haben Schwierigkeiten

Der beispiellose Anstieg der Inflation, der seit Monaten in der Bundesrepublik Deutschland zu beobachten ist, macht auch denjenigen zu schaffen, die bisher ohne Hilfe über die Runden gekommen sind. Immer mehr Deutsche können die steigenden Preise für Brot, Milch, Obst und Gemüse nicht mehr verkraften.

Das spüren auch die 960 Lebensmittelausgabestellen, die die Spenden sammeln und an die Bedürftigen verteilen. Im Jahr 2020 haben rund 1,1 Millionen Menschen in Deutschland diese Zentren in Anspruch genommen. Gleichzeitig gibt es Berichten zufolge zwei Millionen von ihnen im Lande.

Armut wird auch für ältere Menschen immer mehr zu einem Problem. Die Renten erweisen sich als zu niedrig - selbst nach jahrzehntelanger Arbeit. Gleichzeitig sind Frauen stärker betroffen als Männer, da sie häufiger in Teilzeit arbeiten und geringere Löhne erhalten.

Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung könnten im Jahr 2036 rund 20 Prozent der deutschen Rentner von Armut bedroht sein.

Die Bundesregierung will 200 Milliarden Euro einsetzen, um die Auswirkungen der hohen Energiepreise abzufedern.

Dies wird jedoch bei weitem nicht ausreichen, um alle zusätzlichen Kosten zu kompensieren, da die Inflationsrate nach Ansicht der Wirtschaftswissenschaftler hoch bleiben wird.

Das Leben in Deutschland wird teuer bleiben, vor allem für diejenigen, die keine finanziellen Rücklagen haben.

Quelle: dw.com

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