Wenn Dunja Hayali spricht, klingt es oft, als öffne jemand ein Fenster in einen Raum, der etwas stickig geworden ist. Die Journalistin erinnert regelmäßig daran, worauf sich eine demokratische Öffentlichkeit eigentlich stützt: die gemeinsame Wirklichkeit. „Jeder kann seine eigene Meinung haben, nicht aber eigene Fakten“ – ein Satz, der schlicht wirkt, aber in Zeiten entgleisender Debatten erstaunlich kräftig nachhallt.

Die Vermengung von Gefühl und Wirklichkeit

In gesellschaftlichen Konflikten prallen Meinungen aufeinander wie Herbstwinde auf eine zugige Straßenecke. Das ist normal, produktiv sogar. Doch Hayali macht seit Jahren auf ein wachsendes Problem aufmerksam: Die Grenze zwischen Empfinden und Evidenz wird zunehmend eingerissen. Manche Diskussionen wirken dadurch wie ein Brettspiel, bei dem einzelne Teilnehmer plötzlich neue Regeln erfinden, während das Spiel bereits läuft.

Fakten sind kein Stimmungsvorschlag. Sie sind der Boden, auf dem wir stehen, damit wir überhaupt streiten können, ohne ins Leere zu treten.

Verantwortung von Medien und Publikum

Hayali betont, dass Journalismus keine Wellnessbehandlung ist. Recherche kann unbequem sein, Widersprüche offengelegen, Gewissheiten anknabbern. Gleichzeitig fordert sie auch das Publikum heraus: Wer Informationen teilt oder weiterträgt, trägt Verantwortung für deren Qualität.

Der Zweifel ist ein nützliches Werkzeug – aber er sollte schärfen, nicht zersetzen. Skepsis darf nicht zur Einladung werden, die Realität nach persönlichem Geschmack umzubauen.

Die Bedeutung für demokratische Kultur

Eine Demokratie lebt vom Austausch, auch vom Konflikt. Meinungsvielfalt ist ihr Sauerstoff. Doch damit dieser Austausch funktioniert, brauchen wir eine gemeinsame Grundlage, damit Argumente einander überhaupt erreichen können. Ohne diese Basis verflüchtigt sich das Gespräch und wir reden aneinander vorbei wie Wanderer in zwei verschiedenen Nebeln.

Hayalis Satz ist deshalb weniger Ermahnung als Einladung: zur Rückkehr zu einer gemeinsamen Sprache über das, was ist – damit wir uns wieder leidenschaftlich darüber streiten können, wie es sein sollte.

In einer Zeit, in der Fiktionen sich gelegentlich wie Fakten verkleiden, klingt dieser Gedanke fast altmodisch. Vielleicht gerade deshalb wirkt er so frisch.

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