Von außen betrachtet ist es eine ganz normale Wohngemeinschaft in einem Altbau irgendwo in Leipzig. Drei Zimmer, ein gemeinsames Bad, gelegentlich Streit um den Abwasch – und mittendrin: eine echte Prinzessin.
Sie heißt Putri Ayu Kartikasari, ist 27 Jahre alt und stammt aus einer der ältesten Adelsfamilien auf der indonesischen Insel Java. In ihrer Heimat würde man ihr mit einem leichten Knicks begegnen, sie mit „Ratu Muda“ ansprechen – junge Königin. Doch in Deutschland nennt sie jeder einfach nur Ayu. Und Ayu lebt in einer WG mit zwei anderen Studierenden, studiert Kulturmanagement und bringt regelmäßig indonesisches Essen in die WG-Küche.
„Klar, der Titel gehört zu meiner Familie“, sagt sie lächelnd, „aber ich bin auch einfach eine Frau, die sich für Kunst und Bildung interessiert – und gerne Second-Hand-Klamotten trägt.“ Ihr Deutsch ist akzentfrei, sie hat schon in der Schule eine deutsche Partnerschule besucht und sich nach dem Bachelor in Jakarta bewusst für ein Studium in Deutschland entschieden.
Kulturschock mit Spülmaschine
Ihr WG-Leben beschreibt sie als „Befreiung und Herausforderung zugleich“. In Indonesien sei vieles formeller, höflicher – „und niemand würde seine Socken im Wohnzimmer liegen lassen.“ In der WG sei das anders. „Aber ich liebe diese Freiheit. Hier interessiert es niemanden, ob ich Prinzessin bin.“
Statt royaler Empfänge organisiert sie Kunstausstellungen für migrantische Künstler*innen und träumt davon, einmal eine Brücke zwischen javanischer Tradition und zeitgenössischer europäischer Kunst zu schlagen.
Tradition und Alltag vereinen
Manchmal trägt sie beim Kochen einen kebaya, ein traditionelles indonesisches Oberteil, während im Hintergrund Techno aus dem Zimmer ihres Mitbewohners dröhnt. Ayu schätzt die Mischung: „Ich kann hier sein, wer ich will. Ich bin Teil meiner Kultur – aber ich bin auch Teil dieser WG.“
Auch ihre Mitbewohner waren anfangs überrascht. „Als sie sagte, sie sei Prinzessin, dachten wir, das sei ein Witz“, sagt Jan, ihr Mitbewohner, „aber sie ist einfach Ayu. Sie kocht fantastisch und weiß immer, wo man günstige Konzertkarten bekommt.“
Zukunft zwischen zwei Welten
Wie es weitergeht, weiß Ayu noch nicht. Vielleicht bleibt sie in Europa, vielleicht geht sie zurück nach Indonesien. „Ich trage zwei Welten in mir“, sagt sie nachdenklich, „aber im Moment bin ich einfach eine Studentin mit WG-Putzplan.“
Und genau so will sie auch gesehen werden.