Für die 68-jährige Krankenschwester Maria Huber war ihr Beruf immer mehr als nur eine Arbeit – er war ihre Berufung. Seit über vier Jahrzehnten kümmert sie sich mit Hingabe um Patienten in einem städtischen Krankenhaus. Doch nun hat sie das Gefühl, dass ihre langjährige Erfahrung nicht mehr geschätzt wird. Sie glaubt, dass sie aufgrund ihres Alters aus ihrem Job gedrängt wird, um Platz für eine 43-jährige Nachfolgerin zu machen.

"Ich bin fit, engagiert und liebe meinen Beruf. Doch plötzlich bekomme ich das Gefühl, dass ich unerwünscht bin", erzählt Maria Huber. In den letzten Monaten habe sie bemerkt, dass ihr zunehmend verantwortungsvolle Aufgaben entzogen wurden und man sie bei internen Schulungen überging. Zudem wurde ihr nahegelegt, über eine "freiwillige" Frühverrentung nachzudenken – eine Möglichkeit, die für sie jedoch nicht infrage kommt.

Versteckte Diskriminierung?

Die Pflegebranche kämpft seit Jahren mit einem Fachkräftemangel. Ältere, erfahrene Mitarbeiter gelten oft als wertvolle Ressource, doch nicht selten fühlen sie sich dennoch benachteiligt. Altersdiskriminierung ist ein Problem, über das nur selten offen gesprochen wird. Laut Maria Huber geschieht diese nicht direkt, sondern oft schleichend: durch Umstrukturierungen, fehlende Anerkennung oder durch subtile Hinweise, dass jüngere Kräfte „frischen Wind“ brächten.

Arbeitsrechtsexperten weisen darauf hin, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Beschäftigte vor Benachteiligung aufgrund ihres Alters schützt. "Ältere Arbeitnehmer haben denselben Anspruch auf Weiterbeschäftigung wie jüngere. Sollte es Anzeichen für gezielte Verdrängung geben, könnte dies einen Verstoß gegen das AGG darstellen", erklärt Arbeitsrechtlerin Dr. Anna Keller. Doch in der Praxis sei es für Betroffene oft schwierig, solche Fälle nachzuweisen.

Erfahrung versus Jugend – eine ungerechte Abwägung?

Der Arbeitgeber des Krankenhauses weist die Vorwürfe von sich. Man wolle „natürlich niemanden gezielt loswerden“, sondern lediglich den Wandel in der Belegschaft vorbereiten. Jüngere Mitarbeiter könnten flexibler eingesetzt werden und seien oft belastbarer. Ein Argument, das Maria Huber nicht gelten lässt. „Ich habe jahrzehntelange Erfahrung, bin belastbar und liebe meinen Job. Warum sollte das plötzlich nichts mehr wert sein?“, fragt sie sich.

Die Geschichte von Maria Huber ist kein Einzelfall. Ältere Arbeitnehmer, insbesondere in körperlich anspruchsvollen Berufen, sehen sich immer wieder der Frage ausgesetzt, wann sie Platz für eine jüngere Generation machen sollen. Die Diskussion über Altersdiskriminierung in der Arbeitswelt wird weitergehen – und für Menschen wie Maria Huber bleibt die Hoffnung, dass Erfahrung und Engagement am Ende doch noch zählen.

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