In einer kleinen Vorstadtgemeinde wurde die 76-jährige Erika Mertens von einer erschütternden Überraschung geweckt: Ihr langjähriger Nachbar hat über Nacht sämtliche Bäume an der Grundstücksgrenze gefällt. Jahrzehntelang bildeten die hohen Buchen, Fichten und Ahornbäume eine natürliche Barriere zwischen den beiden Höfen – doch nun ist alles kahl.
„Ich bin fassungslos“, sagt Erika Mertens und schüttelt den Kopf. „Diese Bäume standen hier, solange ich denken kann. Sie haben Schatten gespendet, Vögeln ein Zuhause gegeben und mir das Gefühl von Privatsphäre vermittelt. Jetzt blicke ich direkt in seinen Garten – und er in meinen.“
Ein Kahlschlag ohne Vorwarnung
Erika Mertens lebt seit mehr als 40 Jahren in ihrem Haus. Ihr Nachbar, der vor fünf Jahren in das Nachbarhaus zog, habe nie ein Wort darüber verloren, dass er die Bäume loswerden wolle. „Ich dachte, wir verstehen uns gut“, erzählt sie. „Er hat nie erwähnt, dass er sie störend findet.“ Doch an einem Montagmorgen war alles anders: Kettensägenlärm riss sie aus dem Schlaf, und als sie aus dem Fenster schaute, sah sie, wie Baumstamm um Baumstamm fiel.
Auf Nachfrage erklärte der Nachbar, er habe sich gestört gefühlt: „Die Bäume nahmen mir das Licht und die Blätter landeten immer in meinem Garten. Es war Zeit für Veränderung.“
Ein Streitpunkt mit Folgen
Was für den Nachbarn eine Verbesserung darstellt, ist für Erika Mertens ein Alptraum. Ihr einst abgeschirmter Garten ist nun völlig offen. „Ich kann nicht mehr draußen sitzen, ohne mich beobachtet zu fühlen“, klagt sie. „Früher konnte ich morgens im Nachthemd auf meine Terrasse gehen – jetzt fühle ich mich, als wäre ich auf dem Präsentierteller.“
Rechtlich gesehen durfte der Nachbar die Bäume fällen, da sie auf seinem Grundstück standen. Doch die sozialen Konsequenzen sind nun spürbar: Die einst freundlichen Nachbarn sprechen kaum noch miteinander, und in der kleinen Gemeinde sorgt die Aktion für Diskussionen.
„Ich verstehe, dass er mehr Licht wollte, aber warum konnte er nicht wenigstens mit mir reden?“, fragt Erika enttäuscht. „So hätte ich mich darauf vorbereiten können.“
Nun überlegt sie, eine hohe Hecke zu pflanzen – auch wenn es Jahre dauern wird, bis sie wieder das Gefühl von Geborgenheit hat, das ihr die alten Bäume gegeben haben.
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