Der Soziologe und Vermögensforscher Thomas Druyen hat mit einem Satz für Diskussionen gesorgt: „Fest steht, dass Superreiche einen deutlich höheren psychotherapeutischen Bedarf haben.“ Was zunächst widersprüchlich klingt – Reichtum wird schließlich oft mit Glück und Sorglosigkeit gleichgesetzt – entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine tiefgründige gesellschaftliche Wahrheit. Doch woran liegt es, dass gerade Menschen mit extremem Wohlstand psychisch besonders belastet sein können?

Das Gewicht des Vermögens

Wer Millionen oder gar Milliarden besitzt, steht unter enormem Druck. Es geht nicht nur um die Verantwortung für das eigene Vermögen, sondern häufig auch um Unternehmen, Mitarbeiter, Familienstrukturen und gesellschaftliche Erwartungen. Viele Superreiche leben in einem ständigen Spannungsfeld zwischen öffentlicher Aufmerksamkeit und dem Wunsch nach Privatsphäre. Diese Dualität kann zu Isolation, Misstrauen und innerem Stress führen – eine Mischung, die psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder psychosomatische Beschwerden begünstigt.

Einsamkeit und Misstrauen

Druyen beschreibt in seinen Studien immer wieder, dass viele Vermögende Schwierigkeiten haben, zwischen echten und interessengeleiteten Beziehungen zu unterscheiden. Wer kann einem Superreichen schon ehrlich begegnen, ohne von dessen finanziellem Status beeinflusst zu sein? Das führt bei vielen Betroffenen zu einem tiefen Misstrauen gegenüber Mitmenschen – selbst innerhalb der eigenen Familie.

Der Druck der Perfektion

Hinzu kommt ein perfektionistischer Anspruch an sich selbst. Erfolg und Reichtum beruhen oft auf Kontrolle, Leistung und Disziplin – Eigenschaften, die auch im Privatleben überhandnehmen können. Viele Superreiche gestehen sich keine Schwächen zu, sind getrieben vom Wunsch, noch erfolgreicher zu werden, noch mehr zu leisten. Das permanente „Mehr“ wird dabei zu einer psychischen Last.

Die Schattenseite des Luxus

Luxus kann auch ein Gefängnis sein. Reisen im Privatjet, Villen in aller Welt, Sicherheitspersonal, abgeschottete Lebensräume – das alles schafft zwar Schutz, kann aber auch zu Entfremdung führen. In vielen Fällen berichten Reiche von einem Gefühl der Entwurzelung, der Unwirklichkeit oder des Sinnverlusts. Psychotherapeutische Hilfe ist dann nicht nur sinnvoll, sondern oft dringend nötig.

Therapie als Tabu?

Gerade in Kreisen von Reichen und Erfolgreichen ist der Gang zum Therapeuten oft noch mit Scham behaftet. Schwäche zu zeigen widerspricht dem Bild, das viele von sich selbst und ihrem Umfeld haben. Doch genau diese Haltung verhindert oft eine echte Auseinandersetzung mit der eigenen psychischen Gesundheit.

Fazit

Thomas Druyen hat mit seiner Aussage einen wunden Punkt getroffen. Reichtum schützt nicht vor seelischem Schmerz – im Gegenteil: Er kann ihn sogar verstärken. Es ist an der Zeit, psychische Gesundheit nicht als Widerspruch zum wirtschaftlichen Erfolg zu sehen, sondern als notwendige Ergänzung. Denn auch die, die vermeintlich alles haben, brauchen manchmal Hilfe, um sich selbst nicht zu verlieren.

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